Meine Lieblinge: Monika Sommer empfiehlt Kultur für Geschichte-Nerds

Luiza Puiu
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"Haus der Geschichte"-Direktorin Monika Sommer erzählt von Autoren, die in offenen Wunden Österreichs bohrten und von einer Doku über das Verlieren der Menschlichkeit während der NS-Zeit.

Monika Sommer gibt Tipps zu Büchern, die Geschichte schrieben, historischen Ausstellungen und aufwühlenden Dokumentationen.

Buch: Der Finger in der offenen Wunde

Thomas Bernhard
Thomas Bernhard(c) Wolfgang Sos / picturedesk.com (Wolfgang Sos)

Ich lese wahnsinnig gerne, am liebsten Biografien. Dadurch lernt man oft Menschen, ihre Denkweisen und die historischen Umstände besser zu verstehen. Zuletzt habe ich die Thomas-Bernhard-Biografie von Manfred Mittermayer gelesen. Mit "Heldenplatz" hat Thomas Bernhard 1988 die Gemüter erregt und den Finger in eine offene Wunde gelegt, ähnlich wie zuvor Elfriede Jelinek mit dem Stück "Burgtheater". Im Moment beschäftigt mich außerdem die Fachliteratur zum heurigen Gedenkjahr – vor 100 Jahren wurde die erste Republik ausgerufen. Wer sich mit dem Thema auseinander setzen möchte, dem kann ich besonders "Die erste Stunde Null" von Alfred Pfoser und Andreas Weigl ans Herz legen und außerdem den von Heinz Fischer herausgegebenen Band „100 Jahre Republik“.

Ausstellung: Ehe als Überlebensstrategie

(c) (c) Österreichische Exilbibliothek/Jüdisches Museum Wien

Die Schicksale von 13 Frauen werden aktuell im Jüdischen Museum gezeigt, noch bis Oktober ist dort die Ausstellung "Verfolgt. Verlobt. Verheiratet. Scheinehen ins Exil" zu sehen. Für diese jüdischen Frauen war 1938 die Flucht in die Ehe eine Überlebensstrategie. Die Ausstellung hat mich persönlich sehr berührt, sie ist auch kuratorisch und gestalterisch interessant. In der Wienbibliothek ist außerdem gerade eine gelungene Schau zur Wiener Beamtenschaft im Jahr 1938 zu sehen. Das "Haus der Geschichte Österreich" selbst hat am Heldenplatz zum Thema NS-Zeit die Klanginstallation „The Voices“ der Künstlerin Susan Philipsz initiiert.

Film & TV: Der Verlust der Menschlichkeit

Kürzlich habe ich eine sehr bewegende Dokumentation gesehen: Mit „Pechmarie - Das Leben der Maria Mandl“ erzählen Christian Strasser und David Neumayr die Geschichte der KZ-Auschwitz-Birkenau-Aufseherin Maria Mandl, einer Innviertlerin, die durch ihre Brutalität traurige Berühmtheit erlangte. Sie stellen dabei die große Frage: Wie kann man als Mensch so derartig die Menschlichkeit verlieren? Ein sehenswerter TV-Tipp ist die „zeit.geschichte“-Dokureihe auf ORF III. Für mich ist es der perfekte Mix aus historischen Fakten, interessantem Bildmaterial und persönlichen Geschichten.

Monika Sommer

Seit vergangenem Jahr leitet Monika Sommer das "Haus der Geschichte Österreich". Mit ihren Konzepten setzte sie sich gegen zwölf andere Bewerber durch. In ihrer Eröffnungsausstellungen beschäftigte sie sich mit 100 Jahren Republik.

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