Fake News: „Weise von Zion“ als Zarenmörder

World War 1 The room where the imperial family and many of their servants were massacred on the ni
World War 1 The room where the imperial family and many of their servants were massacred on the ni(c) imago/United Archives International (imago stock&people)
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Was ein vermutlich durch den zaristischen Geheimdienst gefälschtes Dokument mit der These vom jüdischen Ritualmord am russischen Kaiser zu tun hat – und wie der Inhalt seinen Weg in die Nazi-Ideologie fand.

In Umberto Ecos Roman „Das Foucaultsche Pendel“ begegnen wir einem wandernden Mönch, „der in talarähnlichen Gewändern durch die Wälder zog, ausgerüstet mit einem langen Prophetenbart, zwei Frauen, einer kleinen Tochter und einer Assistentin oder Geliebten oder was auch immer, die alle an seinen Lippen hingen. Halb Guru, einer von denen, die dann mit der Kasse durchbrennen, halb Eremit, einer von denen, die andauernd schreien, das Ende sei nah. Und tatsächlich war seine fixe Idee der Antichrist.“


Die Rede ist von Sergej Nilus, einem mystisch orientierten religiösen Schriftsteller im Russland des beginnenden 20. Jahrhunderts. Er war maßgeblich an der Verbreitung einer der verhängnisvollsten Fälschungen der Geschichte beteiligt: der „Protokolle der Weisen von Zion“. Nilus war selbst nicht der Schöpfer der „Protokolle“ – als Kandidat gilt vor allem der in Frankreich tätige Mitarbeiter des zaristischen Geheimdienstes Pjotr Ratschkowski beziehungsweise sein Assistent. Die angeblichen Dokumente eines Kongresses jüdischer Weltverschwörer sollten den Zaren zu einem härteren Kurs gegen liberale Tendenzen bringen. Auch rechtsradikale Petersburger Kreise, südrussische Adelige oder eine russische Okkultistin wurden als Autoren schon ins Spiel gebracht.

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