Causa Erl: Grüne fordern Suspendierung von Intendant Kuhn

TIROLER FESTSPIELE ERL: 21. FESPIELSOMMER/EROeFFNUNG: HASELSTEINER/KUHN
TIROLER FESTSPIELE ERL: 21. FESPIELSOMMER/EROeFFNUNG: HASELSTEINER/KUHNAPA/EXPA/JOHANN GRODER
  • Drucken

Die Festspiele Erl sind vorbei, nun wird über die Zukunft des Intendanten diskutiert, dem "anhaltender Machtmissbrauch und sexuelle Übergriffe" vorgeworfen werden. Die Grünen fordern seine sofortige Suspendierung.

Nach den schweren Vorwürfen von fünf Künstlerinnen wegen sexueller Übergriffe gegen den künstlerischen Leiters der Tiroler Festspiele Erl, Gustav Kuhn, tagt Dienstagnachmittag in Wien der Stiftungsvorstand. Dies sagte Kulturlandesrätin Beate Palfrader (ÖVP) der APA und bestätigte damit Medienberichte.

Ob bei der Sitzung eine Entscheidung über die Zukunft des schwer in Bedrängnis geratenen "Maestros" fallen wird, war vorerst unklar. Palfrader hatte vergangene Woche noch gemeint, dass die Politik "nicht unmittelbar am Zug" sei und auf die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen Kuhn verwiesen.

Dem Stiftungsvorstand gehören neben Palfrader Festspielpräsident Hans Peter Haselsteiner (der Kuhn bei seiner Eröffnungsansprache Anfang Juli in Schutz genommen hatte) sowie Jürgen Meindl, Leiter der Kunst- und Kultursektion im Bundeskanzleramt, an. Die "Tiroler Festspiele Erl Gemeinnützige Privatstiftung" ist seit 2017 alleiniger Gesellschafter.

Grüne fordern Suspendierung

Die Grünen, Koalitionspartner der ÖVP in Tirol, drängen indessen weiter auf Konsequenzen für Kuhn. "Der Vorstand muss jetzt handeln", verlangte Kultursprecher LAbg. Georg Kaltschmid und forderte Kuhns vorläufige Suspendierung.

Diese müsse bis zur "rechtlichen Klärung der massiven Vorwürfe durch die Staatsanwaltschaft und gegebenenfalls Gerichte" gelten. Die Reputation des Landes im Umgang mit sexueller Belästigung stehe am Prüfstand, so Kaltschmid in einer Aussendung am Montag. "Das gebietet alleine der Opferschutz, der dem Land Tirol ein zentrales Anliegen ist. Land und Bund haben hier eine Vorbildwirkung", verwies der Landtagsabgeordnete auf die Gewaltpräventionsschwerpunkte des Landes der vergangenen Jahre, in denen gerade der Umgang mit derartigen Vorwürfen eine zentrale Rolle eingenommen habe. Bei den in einem offenen Brief und namentlich unterfertigten Anschuldigungen der fünf Musikerinnen handle es sich um massive und konkrete Vorwürfe, betonte Kaltschmid.

Eine vorläufige Suspendierung heble weder die Unschuldsvermutung aus, noch käme sie einer Vorverurteilung gleich. "Es geht lediglich darum, dass alle involvierten Personen einen Schritt aus dem Rampenlicht treten, um der Aufklärung Platz zu machen. Das sollte eigentlich bei derartigen Vorwürfen heutzutage ein ganz normaler Vorgang sein. Wenn dieser Schritt nicht freiwillig vonseiten des vermeintlichen Täters folgt, dann muss er vom Vorstand erfolgen", erklärte der Grünen-Politiker. Vonseiten des Koalitionspartners ÖVP war bisher noch kein öffentlicher Ruf nach personellen Konsequenzen für Kuhn erfolgt.

Die Vorwürfe

Fünf ehemalige Künstlerinnen klagen in einem offenen Brief sexuelle Übergriffe bzw. Missbrauch durch den künstlerischen Leiter, Gustav Kuhn, an. Sie sprechen von "anhaltendem Machtmissbrauch und sexuellen Übergriffen" durch Kuhn während ihres Engagements - darunter "unerwünschtes Küssen auf den Mund oder auf die Brust, Begrapschen unter dem Pullover, Griff zwischen die Beine etc., von obszöner verbaler Anmache ganz zu schweigen." Man sei auch regelmäßig von Kuhn zusammengeschrien worden, sagte die deutsche Mezzosopranistin Julia Oesch, eine der fünf Frauen, zu Ö1. Dass man in Tränen ausbrochen ist, sei "an der Tagesordnung gewesen".

Anonyme Vorwürfe gegen Kuhn hatte schon im Februar derBlogger Markus Wilhelm auf der Homepage "dietiwag.org" veröffentlicht. Kuhn sprach daraufhin von "unhaltbaren Anschuldigungen". Es folgten mehrere Klagen.

20.000 Besucher bei Festspielen

Indes zogen die Festspiele Bilanz über die am Sonntag zu Ende gegangene Sommersaison. Knapp 20.000 Besucher kamen in die Unterländer Gemeinde. Die Auslastung habe im Vergleich zum Vorjahr um fast acht Prozent gesteigert werden können, hieß es. Trotz drei Vorstellungen weniger seien 2018 so viele Karten verkauft worden wie 2017. Als besonders erfolgreich habe sich die Kammermusikreihe erwiesen, die sich mit einer Besucherzunahme von über zehn Prozent immer größerer Beliebtheit erfreute.

(APA/Red.)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

TIROLER FESTSPIELE ERL: 21. FESPIELSOMMER/EROeFFNUNG: HASELSTEINER/KUHN
Klassik

Causa Erl: Festspielpräsident Haselsteiner von Vorwürfen "schockiert und überrascht"

Fünf Künstlerinnen klagen in einem offenen Brief sexuelle Übergriffe durch den künstlerischen Leiter Gustav Kuhn an. Der Festspielpräsident Hans Peter Haselsteiner will nun erst einmal das Ende der Festspiele abwarten - und bittet die Künstlerinnen um Verständnis für die "kleine Verzögerung".
Klassik

Festspiele Erl: Künstlerinnen klagen in offenem Brief sexuelle Übergriffe an

Künstlerinnen der Festspiele Erl schildern in einem offenen Brief sexuelle Übergriffe des künstlerischen Leiters Gustav Kuhn. Dieser weist die Anschuldigungen zurück und deutet eine Klage an. Die Grünen fordern Kuhns vorläufige Suspendierung.
Meta-Nachrichten

Causa Erl: Gleichbehandlungskommission sieht sexuelle Belästigung

Das Ergebnis zieht keine rechtlichen Konsequenzen nach sich. Die Ermittlungen der Innsbrucker Staatsanwaltschaft sind abgeschlossen.
Gustav Kuhn.
Recht allgemein

Medienfreiheit: Adresse von Kuhn-Freundin kein Tabu

Frage nach möglicherweise unerlaubtem Tiroler Zweitwohnsitz im privaten Umfeld des Ex-Leiters der Festspiele Erl darf thematisiert werden, so der OGH.
Das Festspielhaus in Erl
Innenpolitik

"Nie bei Opfern von Erl entschuldigt": Liste Fritz kritisiert ÖVP

Landeschef Platter und Kulturlandesrätin Palfrader seien in der Causa Erl ihrer politischen Verantwortung nicht nachgekommen, kritisiert die Tiroler Oppositionspartei. Der Fall dreht sich um Vorwürfe des sexuellen Übergriffs durch Ex-Intendant Kuhn.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.