Korngold: „Robin Hood rettete mein Leben!“

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Retrospektive. Der Brünner Komponist Erich Wolfgang Korngold prägte Hollywoods Musikschaffen. Das Filmmuseum zeigt bis 30. 11. „seine“ Klassiker für Warner Bros.

Der Rebellenheld Robin Hood führt Lady Marian durch ein Armenlager im Sherwood Forest: All jene, die durch die ungnädige Herrschaft Prinz Johns ihr Hab und Gut verloren haben, liegen hier auf Strohpritschen und warten auf Erlösung. Obwohl der Held der Mittellosen (Errol Flynn) das Mündel des Königs (Olivia de Havilland) nur von der Rechtschaffenheit und dem Nutzen seiner Raubzüge überzeugen möchte, etabliert die Musik das Leitmotiv der Liebe.

Es ist dies einer der ersten Momente der Laufbildgeschichte, in dem eine Komposition den Filminhalt erweitert und fruchtbaren Subtext einzieht. Geschrieben wurde sie von Erich Wolfgang Korngold: Der Musikkritikersohn wurde 1897 in Brünn geboren, ab dem Alter von vier Jahren wuchs er in Wien auf und stellte schon früh ein einzigartiges musikalisches Talent unter Beweis.

Herausforderung Hollywood: ein Erfolg

1934 nahm er eine (Hollywood-)Herausforderung seines langjährigen Freundes, des legendären Theatermanns Max Reinhardt an, den Warner Bros. engagiert hatten, um Shakespeares „Sommernachtstraum“ zu verfilmen. Die auf Kriminalfilme und Musicals spezialisierte Produktionsfirma musste nach Einführung des Hays Code (der unanständige Inhalte definierte und zensierte) auf harmlos erscheinende Filme umsatteln.

Die Folge waren Dutzende „Swashbuckler“: flotte Filme um Schwertkämpferhelden. Korngold unterzeichnete einen Exklusivvertrag mit Warner Bros. und komponierte in drei Wochen die Musik zu Captain Blood(Unter Piratenflagge, 1935). Sie zeigte ihn nicht nur als außerordentlich talentierten Traumfabrikkünstler, sondern markierte auch den Beginn seiner langjährigen Vertonung der Leinwand-Persona Errol Flynns. Trotz Hollywood-Erfolg – 1937 ein erster Oscar für Anthony Adverse, ein zweiter folgte 1939 für The Adventures of Robin Hood – führte die Leidenschaft für klassische Musik und Opern Korngold wiederholt in die Alte Welt. Bis sich der „Anschluss“ abzeichnete: Korngold wanderte in die USA aus, Sohn und Eltern verließen die Heimat mit dem letzten Zug aus Österreich. Später verzahnte der Komponist seine Hollywood-Arbeit mit der persönlichen (Über-)Lebensbiografie: „Mein Leben wurde von Robin Hood gerettet!“

Michael Curtiz (übrigens auch in Österreich-Ungarn geboren) und William Keighley inszenierten 1938 die Geschichte des legendären Räubers aus Sherwood Forest als flottes, farbenprächtiges Technicolor-Abenteuer, das nicht zuletzt durch die Musik ein Klassiker wurde. Hier zeigte sich am klarsten, wie Korngold den Kinofilm als „Oper ohne Sänger“ begriff: Die Tonart seiner Komposition orientierte sich zeitweilig an der Tonart der Schauspielerstimmen. Olivia de Havillands Lady Marian wird von zarten und hohen, Errol Flynns Robin Hood von energisch-abenteuerlustigen, Basil Rathbones schurkischer Guy of Gisbourne von tiefen, bedrohlichen Stücken unterstützt.

Musikalische Quintessenz des Films

Die Charaktere der Darsteller drückten sich ebenso musikalisch aus wie die Quintessenz jeder Sequenz: Korngold beendete sie mit einer musikalischen Phrase, die dem Zuschauer das Gesehene noch einmal spürbar machen sollte. Bereits 1940 war er damit veritabler Teil der Erfolgsformel Hollywoods geworden: Im selben Jahr vertonte er wieder einen Film von Curtiz mit Errol Flynn.

The Sea Hawk (Der Held der Sieben Meere, 1940) wurde Korngolds letzter „Swashbuckler“ für Warner Bros. 1946 zog sich der Komponist aus Hollywood zurück, dessen dramatisches Musikschaffen er – zusammen mit dem ebenfalls aus Wien emigrierten Max Steiner und dem Polen Franz Waxman – mitbegründet und wegweisend angeleitet hatte. Als Erich Wolfgang Korngold 1957 in Los Angeles an einer Hirnvenenthrombose starb, ging ein Stück Film- und Emigrationsgeschichte des 20. Jahrhunderts zu Ende.

JUBILÄUMSPROGRAMM

Zu Korngolds 50. Todestag gibt es neben der Filmmuseums-Schau eine Matinee im Haus der Musik (am 25.11.), eine Gala im Konzerthaus (am 29.11), eine Ausstellung im Jüdischen Museum Wien (ab 28.11.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.11.2007)

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