Komplott im Schließfach: The Bank Job

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Roger Donaldsons fetter britischer Einbrecherkrimi The Bank Job macht aus einem wahren Fall von 1971 ein schönes Verschwörungsspektakel – und einen gelungenen Tribut ans Kino der Ära.

Die Dame, die eingangs im Karibikparadies sexuellen Vergnügungen mit zwei Herren nachgeht – und dabei hinterrücks fotografiert wird – entpuppt sich dann unerwartet als royal: Prinzessin Margaret, in den Swinging Sixties Britanniens berüchtigstes Partygirl. Es dauert ein wenig, bis sich aus dem rasant montierten Chaos von Handlungssträngen in Roger Donaldsons The Bank Job ein großes Bild formt. Der Einbruch wird zwar titelgerecht schnörkellos abgewickelt, aber die erhoffte Beute in den Schließfächern der Lloyds Bank in Londons Baker Street enthält einiges, was die Affäre kompliziert – wie eben die belastenden Bilder der Prinzessin.
Tatsächlich basiert Donaldsons Krimi auf einem mysteriösen Verbrechen von 1971, das als „walkie-talkie robbery“ bekannt wurde. Die Bezeichnung für den Raub verdankt sich den unglaublichen Umständen seiner Entdeckung: Ein Amateurfunker war beim zufälligen Durchhören der Frequenzen auf Funkgespräche der Einbrecherbande gestoßen und informierte die Polizei, woraufhin die Bankgebäude der Gegend abgeklappert wurden.

War es die Regierung?
Die mys-teriösen (Verschwörungs-)Theorien um den Fischzug verdanken sich aber seiner noch viel unglaublicheren Medienwirkung: Denn ebenso schnell wie der Raub in den Schlagzeilen landete, verschwand er auch wieder. Die Vermutung lag nahe, dass eine sogenannte „D-Notice“ an die Medien ausgegeben wurde: Ein in beiderseitigem Einverständnis abgewickelter Regierungsbefehl zur Unterdrückung der Geschichte aus Gründen der Staatsräson.

Zum England-Filmstart im Februar gab es zwar ein paar landesinterne Kontroversen darüber, inwiefern solche Spekulationen gedeckt sind. Aber so viel ist sicher: Das vom legendären britischen TV-Drehbuchduo Dick Clement und Ian Le Frenais ausgekochte Skript mischt Fakt und Fiktion mit sichtlichem Vergnügen. Die indiskreten Schnappschüsse der Prinzessin sind in der Film-Version zur Absicherung von Michael X deponiert worden, jenem selbsternannten schwarzen Revolutionär aus Trinidad, der damals in England zweifelhaften Bürgerrechtsaktivitäten und garantiert unlauteren Erpressertätigkeiten nachging.

Freigeistig prüde.
In umtriebigeren Kreisen von Englands High Society war Michael X damit Garant für das, was man heute radical chic nennt: Er pflegte Beziehungen zu John Lennon ebenso wie mit sexhungrigen Töchtern britischer Abgeordneter. Letzteres gehört zu den dubiosen dekadenten Umtrieben, die zu Beginn des Films zwischen Lordschaften im Sadomaso-Bordell und den Schmiergeldzahlungen des Pornokönigs von Soho (David Suchet) ausgemalt werden und für ein Zeitkolorit sorgen, das eine willkommene Abwechslung in einer sich freigeistig gebenden, aber prüden (Kino-)Ära darstellt. Gemeinsam mit dem sparsamen, aber hübschen His-toriendekor und einem Stil, der die schicke Schäbigkeit des 70er-Genrekinos beschwört, gibt The Bank Job ein ungewohnt schnittiges Profil in der gegenwärtigen Krimiproduktion: Dazu passt noch, dass der eigentliche Einbruch zwar eine Routinesache ist – aber denkbar unprätentiös abgewickelt wird.

Handlanger. Regisseur Donaldson, ein gebürtiger Australier, scheint mithin in Thrillern vor historischem Hintergrund sein Metier gefunden zu haben: Wie schon im unterschätzten Kubakrise-Film Thirteen Days setzt er auf professionelles Spannungskino statt auf postmoderne Ironie. Der einzige wiederkehrende Gag von The Bank Job ist, dass niemand den Unterschied zwischen MI5 und MI6 versteht. Wozu auch? Der Geheimdienst ist hier nur Handlanger der Machthabenden, das setzt auch die Geschehnisse in Gang: Eine Agentenbraut (in Schönheit zur interessanten Präsenz gealtert: Ex-Model Saffron Burrows) wird unter Druck gesetzt, ihren Freunden aus dem Arbeiterviertel einen heißen Tipp zu stecken. Eine Cockney-Gang unter Führung eines Automechanikers (stark: Transporter-Energiebündel Jason Stratham) darf die Schließfächer ausräumen und sich mit der Beute in Geld und Juwelen davonmachen, damit nebenher die kompromittierenden Depotbestände „gesichert“ werden können. Dass es von denen wesentlich mehr gibt, als ursprünglich geahnt, sorgt für viele unterhaltsame Wendungen dieses Krimis – unverrückbar bleibt hingegen der Hauch an Klassenbewusstsein, der sich ohne großes Aufsehen durch die Geschehnisse zieht: Die Working Class Guys müssen die Drecksarbeit machen, damit die oberen Zehntausend den Schein wahren können.

The Bank Job

Ab 27.6. im Kino

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