"Herrn Kukas Empfehlungen": Ost-West-Story ohne Unterboden

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„Herrn Kukas Empfehlungen“ von Dariusz Gajewski nach Radek Knapp: Windig und ungelenk.

Anfangs intoniert ein Blasmusik-Ensemble „Blowin' In The Wind“: Antworten sucht der junge Pole Waldemar, er erhält sie von seinem Nachbarn Kuka. Mit drei von dessen griffigen, allerdings absurden Lebensweisheiten im Kopf und einem Rucksack am Rücken besteigt er den Bus gen Westen, Wien-Wieden.

1999 erschien der erste Roman des polnisch-österreichischen Schriftstellers Radek Knapp: eine anekdotisch-skurrile Aneinanderschraubung von Ost- und Westklischees, formuliert als Entwicklungsroman, gesehen aus den Augen des schüchtern und naiv wirkenden „Waldi“.

Dariusz Gajewski hat Herrn Kukas Empfehlungen für das Kino adaptiert: Dass der magische Realismus darin schwer wiegt, ist nach zehn Minuten abzusehen. Da schlendert Waldemar durch die Schönbrunner Parkanlage, verliert sich im Heckenlabyrinth und taucht am Venusbrunnen wieder auf, die gelben Sonnenstrahlen brechen durchs Blattgrün und signalisieren ein Märchen.

Wer hat den Papa aufgegessen?

Das ist die erste Station im zahmen Westen, es folgt der „Arbeiterstrich“, später ein Job in „Bernstein's Puppenklinik“. Waldemar hat viel Glück im Unglück, der alte Spielzeugmacher attestiert ihm gar einen „Glücksschatten“. Den hätte auch Regisseur Gajewski gut brauchen können, denn seinen neckischen Spielchen mit kulturellen Gemeinplätzen fehlt der alltagsschlaue Unterboden des Buchs, der Film verkommt zur ungelenken Aneinanderreihung absurder Situationen, die gelegentlich große Schauspieler verschönern. Etwa wenn Krista Stadler als Oberschicht-Rassistin und Waldis Vermieterin beim Pralinen-Mampfen in Erinnerungen schwelgt: „In Stalingrad haben die Russen meinen Papa gegessen.“

Das Mehr an Bewegung verdankt der Film aber auch August Diehl, der sich als Lothar, Student und Sohn reicher Eltern, den Luxus der Anarchie erlauben kann: „Lothar, bist du sicher dass du kein Kommunist bist?“ fragt ihn der staunende Waldi, nachdem sein deutscher Freund die Windschutzscheibe eines parkenden Autos einschlägt. Der antwortet: „Würde ich sonst Lachs essen?“

Konsum, Kunst, Klassenkampf: nichts ist wie es scheint, das ist Herrn Kukas letzte Empfehlung. Eine andere lautet: Westliche Scheiße stinkt genauso wie östliche. Und die Antworten auf die Fragen des Lebens? Sie wehen im Wind. mak

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2008)

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