Die Filmbranche zeigte sich bei der Verleihung der Filmpreise besorgt angesichts von Donald Trumps anstehender Präsidentschaft. Meryl Streep fand in einer emotionalen Rede besonders scharfe Worte: Trump habe einen „Instinkt, andere zu demütigen“.
Niemand wurde in den Dankesreden der Preisträger der 74. Golden Globes so oft genannt wie der designierte US-Präsident Donald Trump – explizit oder implizit. Er sei geehrt, einen Preis „bei den allerletzten Golden Globes“ gewonnen zu haben, sagte etwa Hugh Laurie, als er in der Nacht auf Montag eine der Trophäen entgegennahm. Er wolle ja nicht schwarzmalen, aber immerhin habe die Hollywood Foreign Press Association, die die Awards verleiht, die Wörter „Hollywood“, „ausländisch“ und „Presse“ im Titel . . .
Diese seien im Moment mitunter die meistgeschmähten Segmente der amerikanischen Gesellschaft, führte Meryl Streep – sie gewann den Cecil B. Demille Award für ihr Lebenswerk – in einer emotionalen Rede den Gedanken fort: „Hollywood ist voller Ausländer. Wenn wir sie alle aus dem Land werfen, gibt es für uns nichts mehr zu schauen außer Football und Mixed Martial Arts“, sagte sie mit einem Seitenhieb auf den von Trump bewunderten Kampfsport. Die eindrücklichste Darstellung des Jahres sei für sie nicht in einem Film gewesen, sondern als Trump einen behinderten Reporter nachgeäfft habe. „Dieser Instinkt, andere zu demütigen, zieht sich in den Alltag von uns allen“, sagte Streep. Gewalt animiere zu Gewalt: „Wenn die Mächtigen ihre Position benutzen, um andere zu tyrannisieren, dann verlieren wir alle.“ Trump sei über Streeps Kritik „nicht überrascht“, sagte er der „New York Times“. Sie sei „eine Hillary-Freundin“, und er sei schon früher von „liberalen Filmleuten“ attackiert worden.
„Moonlight“ ist bestes Drama
Meryl Streeps Rede war der politische Höhepunkt einer Verleihung, bei der ein durchwegs unpolitischer Film die meisten Preise abräumte: Das Musical „La La Land“ (siehe Artikel oben) streifte sieben Trophäen ein – ein Rekord, in den 1970er-Jahren kamen „Einer flog über das Kuckucksnest“ und „Midnight Express“ auf immerhin sechs Golden Globes. „La La Land“ beherrschte den Abend – nicht nur, was die Anzahl der Trophäen angeht. Auch das Einstiegsvideo der Gala war eine klare Parodie auf den Film: Der Moderator des Abends, Jimmy Fallon, sang und tanzte sich darin gemeinsam mit einigen der nominierten Stars in einer aufwendigen Choreografie von seiner im Stau steckenden Limousine aus bis auf die Showbühne.
Als bestes Drama wurde „Moonlight“ von Barry Jenkins ausgezeichnet, der die Coming-of-Age-Geschichte eines jungen schwulen Afroamerikaners erzählt. Bester Darsteller in einem Drama wurde Casey Affleck für das Familiendrama „Manchester by the Sea“, bei den Frauen siegte Isabelle Huppert. Sie spielt in Paul Verhoevens schwarzhumorigem Psychothriller „Elle“ eine Frau, die sich an ihrem Vergewaltiger rächen will. „Elle“ gewann auch den Preis für den besten nicht englischsprachigen Film. Die deutsch-österreichische Komödie „Toni Erdmann“ mit Peter Simonischek, die ebenfalls nominiert war, ging somit leer aus. Auch wenn die Golden Globes gemeinhin als Orakel für die Oscars gelten, besteht dort noch Hoffnung: Immerhin ist „Toni Erdmann“ in der Shortlist für einen Auslands-Oscar, „Elle“ nicht.
In den Serienkategorien gewannen „The Crown“ (Drama) über die britische Königin Elisabeth II. und „Atlanta“ (Comedy) über einen afroamerikanischen Studienabbrecher, der sich als Rap-Manager versucht. Drei Darstellerpreise – für Tom Hiddleston, Hugh Laurie und Olivia Colman – heimste die Serie „The Night Manager“ nach einem Spionagethriller von John le Carré ein. (kanu)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.01.2017)