„Fifty Shades“: In Anastasias Haut will man nicht stecken

Schön, sexy und schwierig: Christian Grey (Jamie Dornan) und Anastasia Steele (Dakota Johnson).
Schön, sexy und schwierig: Christian Grey (Jamie Dornan) und Anastasia Steele (Dakota Johnson).(c) Doane Gregory/UPI
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Der zweite Teil der Bestseller-Verfilmung „Fifty Shades of Grey – Gefährliche Liebe“ ist insgesamt stimmiger als der erste. Als Wohlfühlfilm eignet er sich trotzdem nicht, denn die Partner ringen ständig um Kontrolle. Im Kino.

Mister Darcy tarnte seine Schüchternheit als Arroganz, Jack aus „Titanic“ fehlte das Geld, und Romeo gehörte dummerweise der falschen Familie an: Jeder romantische Held hat einen Makel – sonst brauchte er ja niemanden, der über diesen hinwegsieht. Gravierend darf dieser Fehler aber nicht sein, sonst taugt der Held nicht mehr zum Ehemann. Christian Grey, die männliche Hauptfigur aus der Romantrilogie „Fifty Shades of Grey“, entspricht auf den ersten Blick dem Idealbild eines Traummanns: jung, fesch und unverschämt reich. Aber er hat einen Knacks: „Ich bin ein Sadist“, sagt er in „Fifty Shades of Grey – Gefährliche Liebe“, dem zweiten von drei geplanten Filmen, der nun ins Kino kommt. Die erste Szene zeigt eine Erinnerung, die als Albtraum zurückkehrt: Die drogensüchtige Mutter streitet mit einem Mann mit brennender Zigarette. Später wird man erfahren, dass die Narben auf Greys Brust von Zigaretten stammen. Als Kind wurde er verletzt, als Erwachsener bereitet es ihm Lust, anderen – Frauen – Schmerzen zuzufügen. So denkt doch kein idealer Gatte!

Abhängigkeit und Nähe

Wegen dieser brutalen Seite, die nur angedeutet wird, wurde Christian Grey (Jamie Dornan) am Ende des ersten Films von Anastasia Steele (Dakota Johnson) verlassen. Nun will er das Mauerblümchen, das sich seinen Regeln nicht unterordnen wollte und ihn gerade deswegen einfing, zurück. Zur Versöhnung kommt es in Teil zwei recht rasch. Das Paar einigt sich auf „no rules, no punishments, no secrets“, was nicht heißt, dass er ihr alles erzählt, bloß, dass er sie nicht anschwindelt. Den restlichen Film – insgesamt 115 Minuten – handeln die beiden die Konditionen ihrer Beziehung aus, diesmal ohne Anwalt und Vertrag. Wie im ersten Teil hört sich das meist nach Besitz an: „I want what's mine“, sagt er zu Beginn, später fragt er: „Be mine?“ Sie flüstert ihm zu: „I want you. All of you.“

Feministische Vereinigungen in den USA rufen zum Boykott des Films auf, weil er ihrer Ansicht nach Gewalt und Unterdrückung glorifiziert. So eindeutig ist das aber nicht, denn diese Liebe wird nicht als Ideal dargestellt – trotz der schönen Kleider, des Luxus und des Sex, der immer zum Höhepunkt führt: Hier ringen zwei ungleichwertige Partner um Kontrolle und Freiheit. Christian will Anastasia in ein (ökonomisches) Abhängigkeitsverhältnis drängen und quittiert ihr Bestreben nach Unabhängigkeit mit dem Wunsch nach mehr Nähe: Sie will arbeiten, er will, dass sie bei ihm einzieht . . .

So problematisch diese Beziehung ist, zweifelt Anastasia in erster Linie an sich, weil sie weniger devot ist als die früheren Gespielinnen ihres Freundes. Und weil sie sich auch nicht gern den Hintern versohlen lässt. Kann sie ihm dann genügen?

In „Fifty Shades of Grey“ treffen also zwei auf verschiedene Arten höchst unsichere Menschen aufeinander – beide wünschen sich Vertrauen und Sicherheit, die freilich nie absolut sein kann.

Vielleicht ist es das, warum sich Zuschauer in dieser Geschichte wiederfinden und der erste Film trotz verheerender Kritiken weltweit eine halbe Milliarde Dollar eingespielt hat. Bloß an den Sexszenen, für die die Reihe bekannt wurde, kann es nicht liegen. Die sind in dem Film, der ab 16 Jahren freigegeben ist, zwar zahlreicher als in anderen Hollywood-Produktionen, aber fast genauso brav. Man sieht Nippel und Sexspielzeug, richtig heiß wird es trotzdem nicht.

Der Luxus kann nicht darüber hinwegtäuschen: diese Beziehung ist problematisch
Der Luxus kann nicht darüber hinwegtäuschen: diese Beziehung ist problematisch(c) UPI (Doane Gregory)

Die Handlung stört

Insgesamt ist „Fifty Shades Darker“, so der Originaltitel, kein Wohlfühlfilm für Jane-Austen-Fans mit schmutziger Fantasie: In Anastasias Haut will man nicht stecken. Ohnehin würde die Geschichte ein besseres Beziehungsdrama abgeben als eine Romanze – nur leider stört die Handlung, die vor allem aus Bedrohungsszenarien besteht, die Anastasias Eigenständigkeit weiter untergraben: Da wird ein Chef zudringlich und eine eifersüchtige Exgeliebte gewalttätig. Wie in einer Seifenoper, nur aufgeblasen wie die botox-behandelten Wangen von Kim Basinger, die eine Nebenrolle spielt

Trotz der vielen Klischees und der spürbaren Länge wirkt Teil zwei insgesamt stimmiger. Die Anziehung zwischen den beiden Hauptfiguren ist glaubwürdiger – und hie und da kann man sogar ein bisschen schmunzeln. Der Regisseurwechsel – James Foley ersetzte die Britin Sam Taylor-Johnson – hat der Filmreihe nicht geschadet. Foley inszeniert auch den dritten Teil, „Fifty Shades Freed“, der bereits abgedreht ist und im Februar 2018 in die Kinos kommt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.02.2017)

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