Miniserie "Culpa": Verbrechensbekämpfung im Beichtstuhl

„Ein Guter“: Stipe Erceg als Beichtvater in der deutschen Serie „Culpa“.
„Ein Guter“: Stipe Erceg als Beichtvater in der deutschen Serie „Culpa“. (c) 13th Street/Nadja Klier (Universal)
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Die deutsche Miniserie zeigt in kammerspielartigen Szenen Schuld, aber nicht Sühne. Psychologisch interessant und gut besetzt.

Die Kirche ist nicht nur schmucklos, sondern nackt: Keine Bilder, keine Heiligenfiguren, barocke Engel fehlen ebenso wie Kerzen, die Farbe blättert von den Wänden. Nichts lenkt den Blick vom Beichtstuhl ab, vom dunklen Holz und den Vorhängen aus rotem Samt, hinter denen sich der allergrößte Teil der Handlung von „Culpa – Niemand ist ohne Schuld“ abspielt. Zur Beichte kommen in den ersten vier Folgen der deutschen Serie recht unterschiedliche Charaktere: eine familiär belastete Studentin, ein etwas zurückgebliebener Folterknecht, ein junger Spion, ein Polizist. Gemeinsam ist ihnen, dass sie von einem zukünftigen Mord wissen – entweder, weil sie ihn selbst planen oder, weil sie irgendwie darin verwickelt sind.

Das Problem, das sich daraus ergibt, liegt auf der Hand: Etwas schwülstig wird denn auch zu Beginn jeder Folge der Codex Iuris Canonici über die Unverletzlichkeit des Beichtgeheimnisses verlesen. In der ersten Episode erscheint eine verhärmte Frau, gehetzt erzählt sie von der Familienhündin, Emma, die so krank sei, dass sie und ihr Mann das Tier erschießen wollen. Ob das eine Sünde sei? „Das Töten von Tieren ist keine Sünde. Kann ich zwar nicht nachvollziehen, ist aber so“, sagt der Priester. Schöpft hier jemand Verdacht? Er behält Recht. Die Wahrheit – und das ist nicht nur in dieser Folge so – ist brutal, abgründig und doch naheliegend.

Den von Stipe Erceg („Die fetten Jahre sind vorbei“) dargestellten Beichtvater überraschen grausame Bekenntnisse ebenso wenig wie vorgehaltene Pistolen. Meist lungert er, lässig eine Zigarette in der Hand, in der Kirche herum, isst im Beichtstuhl Pizza, flucht auch mal. „Was sind Sie eigentlich für ein Priester?“, fragt ihn ein Polizist. Seine Antwort: „Ein Guter.“ Sein Grundmotiv dafür, die Soutane anzuziehen – sie sitzt übrigens perfekt – scheint das Verhindern von Verbrechen zu sein. Wer in den Beichtstuhl kommt, erzählt lediglich Ausschnitte, und auch die nur zögernd. Stipe Erceg passt sich seinem Gegenüber an: Manchmal will er überreden, manipulieren, teils betreibt er Verhöre, setzt die Personen unter Druck, um ein Verbrechen zu verhindern. „Dir geht es nur um dich. Das willst du nicht erkennen, das ist das Problem“ ist einer der freundlicheren Sätze. Das „Du“ steht dem zu, der die Beichte abnimmt. Wer beichtet, muss beim „Sie“ bleiben. Psychologisch klug gemacht, wie die Dialogsituation und die kammerspielartige Serie insgesamt. Entscheidend ist die Wirkung der Gespräche, dadurch – und durch die ganz eigene Ästhetik des shabby chic – ist die Serie weit weg von der klassischen Krimireihe.

Und der Glaube? Der spielt bei „Culpa“ eine untergeordnete Rolle. Diejenigen, die zur Beichte kommen, haben andere Beweggründe für ihr Bekenntnisse als die Hoffnung auf Absolution. Doch auch beim namenlosen Priester fragt man sich, ob er an den allmächtigen Vater glaubt – oder nicht vielmehr an die zweite Chance, die das Christentum verspricht. Diese hat er, wie er sagt, selbst bekommen. Dazu würde man gerne in einer zweiten Staffel mehr erfahren, die erste ist mit vier kurzen Folgen à 25 Minuten schon abgeschlossen.

Auf Sky ist „Culpa – Niemand ist ohne Schuld“ ab 12. Juli zu sehen. Es ist die erste fiktionale Eigenproduktion des deutschsprachigen Pay-TV-Senders 13th Street.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.07.2017)

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