"Star Wars - The Last Jedi": Die Sollbruchstelle einer Weltraumsaga

Die Rebellin Rey (Daisy Ridley) hat den verschollenen Luke Skywalker ausfindig gemacht, von dem sie sich ausbilden lassen will. Aber auch die dunkle Seite der Macht hat bereits Kontakt zu ihr aufgenommen.
Die Rebellin Rey (Daisy Ridley) hat den verschollenen Luke Skywalker ausfindig gemacht, von dem sie sich ausbilden lassen will. Aber auch die dunkle Seite der Macht hat bereits Kontakt zu ihr aufgenommen.(c) Lucasfilm
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„Star Wars Episode VIII“ lotet in zweieinhalb Stunden die Grenzen seiner Figuren aus, betört mit Spektakel und Subtilität. Beinahe halst es sich dramaturgisch zu viel auf, weiß aber, worum es wirklich geht: Mythologie und Psychologie.

Für die meisten Filmreihen gilt: nach dem ersten Teil die Sintflut. Nur bei „Star Wars“ – nicht nur die Trilogie der Trilogien, sondern bald auch eine Trilogie, die aus Trilogien besteht – hat jede Episode eine besondere Wertigkeit. Nach Maßgabe der Ursprungssaga sollte die jeweils zweite am stärksten ins Gewicht fallen – die Figuren an ihre Grenzen bringen, emotionale Tiefen ausloten, kurz in den Abgrund lugen. Nichts weniger verspricht der Titel des jüngsten Weltraumopernkapitels: „The Last Jedi“, das klingt nach alles oder nichts, nach Tag der Entscheidung, nach Hoffnung am seidenen Faden. Und obwohl der Film am Ende nicht an die tragische Kraft seines Vorbilds „Das Imperium schlägt zurück“ heranreicht, schafft er es doch, den hohen Erwartungshaltungen gerecht zu werden – nicht zuletzt, weil er sich weniger sklavisch an sein Originalpendant hält als Episode sieben, „Das Erwachen der Macht“. Hier werden neue Wege freigelegt – und teilweise auch beschritten.

Spoilerwarnung: Achtung, wenn Sie tatsächlich nichts über den Inhalt erfahren wollen, lesen Sie nicht weiter.

Und doch ist anfangs vieles, wie es immer war: die Rebellen in der Minderheit, das Neo-Imperium der „Ersten Ordnung“ in der Übermacht. Wie könnten diese Märchen sonst auch funktionieren? Das Gleichgewicht im „Star Wars“-Universum ist ein Ungleichgewicht. „Die letzten Jedi“ beginnt mit einem Weltall-Großangriff auf die Rebellenbasis und einem waghalsigen Konter des Piloten Poe Dameron (Oscar Isaac): Flammenmeer im Vakuum, Bombenteppiche aus der Vogelperspektive, Märtyrer-Kriegspathos. Die Macht packt kräftig zu: Die des Kinos ebenso wie die des Geldes, das dahintersteckt. Eine positive Nebenwirkung des massiven Marktanspruchs von „Star Wars“ ist, dass die Hauptkapitel bei den Effekten nicht schludern. Diese Spektakel gehen aufs Ganze.

Doch schon bald geht's zum Wesentlichen: Mythologie und Psychologie. Die junge Heldin Rey (Daisy Ridley) hat Luke Skywalker (stark: Mark Hamill) ausfindig gemacht und bittet um seine Hilfe im Kampf gegen das Böse. Als bärtiger Bauer fristet dieser sein Dasein auf einem schroffen Eiland und hütet mit krötenartigen Klosterschwestern die heiligen Schriften des Jeditums. Nach einigem Zaudern beschließt er, Reys Mentor zu werden. Grade rechtzeitig: Mini-Vader Kylo Ren (verbissen und verletzlich: Adam Driver) hat schon mentalen Kontakt zu ihr aufgenommen, verführt sie mit Enthüllungen verdrängter Vergangenheit (und seines nackten Oberkörpers) zum Wechsel auf die dunkle Seite. Denn ihm sitzt selbst ein Alb im Nacken – der oberste Anführer Snoke (Andy Serkis), ein computergenerierter Dunkelgraf mit Wasserkopf und goldenem Bademantel.

Brüche ziehen sich durch den Film

Diese Konstellation fordert Brüche geradezu heraus – ein Motiv, das sich durch den ganzen Film zieht. Gebrochene Herzen, Allianzen und Versprechen manifestieren sich in einem zersplitterten Amulett, der Narbe in Kylo Rens Gesicht, einem zweigeteilten Lichtschwert, einem berstenden Raumkreuzer und einem gespaltenen Schutzwall. Der Moment, in dem man mit seiner Bestimmung bricht, kann neuen Mut wecken – oder alles zerstören. Schlüsselmomente sind hier wie Münzen, die nach einem schicksalhaften Wurf auf der Kante balancieren.

Regisseur Rian Johnson weiß auch visuell die Spannung zu halten – mit einer surrealen Traumsequenz, die Rey ins Tausendfache spiegelt oder einem wilden, rauschhaften Lichtschwertgemetzel in einem Thronsaal voller roter Leibwächter. Es geht aber auch subtiler. Besonders schön gelöst ist die Annäherung zwischen Rey und Ren, die sich trotz räumlicher Trennung sehen, spüren, schließlich berühren. Nur das Tempo (dramaturgisch ist der Film eine einzige Rückzugsbewegung) hält Johnson nicht so gut, beschwert durch ein Übermaß an Figuren. Darunter auch neue: Laura Dern als Kommandantin, Benicio Del Toro als dubioser Weltraumdieb, Kelly Marie Tran als engagierte Rebellin. Ex-Stormtrooper Finn (John Boyega) bleibt meist im Beifahrersitz. Dafür darf er auf einem Monte-Carlo-Planeten den Reichen des Weltraums in die Suppe spucken.

Trotz ernster Grundstimmung beweist „The Last Jedi“ oft Humor (etwa mit einem Schnitt auf ein imperiales Bügeleisen), der das Pathos glättet. Und hat auch für die Kleinsten was parat: Niedliche Eulenhamster namens Porgs. Die sind wie Jar-Jar Binks in Pillenform, also erträglich. Der zweieinhalbstündige Film ist mehr als das. Auch die Klimax-Kanonade im letzten Drittel findet zu einem zufriedenstellenden Ende, das ergreifende Abschiede bereithält, aber – so viel sei verraten – bei Weitem nicht so niederschmetternd ist wie Teil zwei der Originalsaga. Die Pointe des Films schafft es sogar, diese Abweichungen vom Ursprung mitzureflektieren. Es geht um die Weitergabe des Feuers, nicht um die Anbetung der Asche.

DAS "STAR WARS"-3X3

Filmreihe. 1977 begann mit „Krieg der Sterne“ die Original-Trilogie der „Star Wars“-Filme, die vom andauernden Kampf zwischen der dunklen und hellen Seite der Macht in einer fernen Galaxie handeln. Die drei Filme wurden später als Episoden IV bis VI nummeriert. Ab 1999 erschien eine Prequel-Trilogie (Episoden I bis III), die die Vorgeschichte erzählt; 2015 begann die Sequel-Trilogie, die die Erzählung fortführt. „Die letzten Jedi“ ist der achte Film, Episode IX soll 2019 ins Kino kommen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2017)

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