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Der Kino-Neurotiker in Höchstform: Die besten Filme von Woody Allen auf Netflix, Amazon & Co.

BBC Films
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Mit "Wonder Wheel" läuft gerade sein neuester Streich im Kino, seine größten Meisterwerke kann man sich zuhause anschauen: Die besten Woody-Allen-Filme und wo man sie streamen kann.

Mit seinem neuesten Film "Wonder Wheel" findet Woody Allen, dessen jüngere Filme von romantischer Fließbandware kaum zu unterscheiden waren, wieder in mancherlei Hinsicht zu seiner alten Virtuosität zurück (hier geht's zur "Presse"-Kritik). Eine schöne Gelegenheit, sich noch einmal die größten Meisterwerke des produktiven Kino-Neurotikers anzuschauen. Fünf Empfehlungen:

Harry außer sich (1997)

Ein Road-Movie in die verquere Gedankenwelt eines Alt-Beatniks. Wer noch nie in den Genuss eines Films von Woody Allen gekommen ist, aber Nachholbedarf verspürt, dem sei angeraten, „Harry außer sich“ aber erst nach Ansicht seines kompletten vorherigen Werks zu schauen. Dann erscheint die mehrbödige Meta-Komödie wie eine wunderbare Radikalisierung seiner alten Angewohnheit, die vierte Wand mit vertrackten Erzählungen und ästhetischen Übertreibungen ins Wanken zu bringen. Allen selbst verkörpert seine Stadtneurotiker-Persona diesmal in der Variante des getriebenen und exzessiven Schriftstellers - mit Schreibblockade, Alkoholproblem und einer Affinität für käufliche Liebe. Harry soll für seine literarischen Verdienste von seiner früheren Universität geehrt werden – auf der pannenreichen Reise zur Preisübergabe ("Wilde Erdbeeren" war die Referenz) verschwimmen die teils biografischen, teils erfundenen Geschichten des Autors allmählich mit der Realität. Unterscheiden lässt sich beides nur anhand der Inszenierung. Zeitsprünge, Unschärfen, Kameragewackel und Schnittfehler in der Darstellung der Wirklichkeit - eine traditionelle Bildsprache für die Fhantasien und Texte aus seinem Kopf. Hochkarätig besetzt und zutiefst irrwitzig!

Zu streamen auf Sky Go

Sweet and Lowdown (1999)

Vielleicht hat Allen vor dem Drehbuch-Schreiben wieder eine alte Django-Reinhardt-Platte gehört oder einen Fellini-Klassiker wie „La Strada“ gesehen. Aus einer ähnlichen Situation könnte zumindest „Sweet and Lowdown“ entstanden sein. Die Liebesparabel um einen Jazz-Gitarristen (großartig: Sean Penn) und eine Wäscherin (hinreißend: Samantha Morton), die nur mit ihrem Gesicht „spricht“, glänzt zwar vor lauter Zeitkolorit, nutzt die Dreißiger-Jahre-Kulisse aber ebenso für Existenzielles. Das Leben in den USA zur Roosevelt-Zeit wird in romantischer Farbgebung nachgemalt, die Erzählung bleibt trotzdem erkennbar. Es geht um Blindheit in der Liebe - und am Schluss um den Moment reuevoller Erkenntnis.

Zu streamen auf Sky Go

Match Point (2005)

2005 war ein gutes Jahr für alle Allen-Verehrer. Weil er seit 1969 jedes Jahr einen neuen Film dreht, war er damals wieder mal in eine mehrjährige Wiederholungsschleife geraten. Dann kam „Match Point“. Die erste Tragödie seit Jahrzehnten. In London statt wie üblich in New York spielend. Man war gespannt – und wurde nicht enttäuscht. Die Geschichte um einen Emporkömmling (Jonathan Rhys Meyers), der sich in eine Affäre mit der Ex-Freundin (Scarlett Johansson) seines Schwagers verstrickt, zeigte, wie elegant und Bürgertums-kritisch Allen werden kann, wenn er die Referenzen auf Ingmar Bergman und die Witze weglässt. Und stattdessen auf Sophokles, Dostojewski und Patricia Highsmith zurückgreift. Ein kaltes Meisterwerk mit totem Blick am Ende.

Zu streamen auf Amazon

Antz (1998)

Der erste, komplett am Rechner entstandene Animationsfilm im abendfüllenden Format war „Toy Story“. Obwohl die Hauptfiguren von Tom Hanks und Tim Allen gesprochen wurden, hatten sie keine direkte Ähnlichkeit mit ihnen. Drei Jahre später kam „Antz“ heraus - erstmals lieh ein Prominenter einem CGI-Helden nicht nur seine Stimme, sondern war auch zum exakten Vorbild für die Hauptfigur auserkoren worden. Die computergenerierte Ameise Z ist Allen nicht nur bis in den letzten nervösen Tick hinein ähnlich, sondern will sich genau wie die Kunstfigur aus seinen eigenen Filmen lieber mit Hingabe in eine schöne Hautflüglerin verlieben (Sharon Stone) als sich einem gleichgeschalteten Ameisenstaat zu unterwerfen.

Zu streamen auf Netflix

Der Stadtneurotiker (1977)

Der Film, für den Woody Allen seinerzeit mit fünf Oscars belohnt wurde – auch wenn er der Preisübergabe selbst fernblieb. Zuvor war er bloß als Stand-Up-Komiker und für seine Monty-Python-artigen Possen bekannt gewesen. Der Stadtneurotiker war sein erstes, popkulturelles Schlüsselwerk. Gewitzt kombinierte er Alltagsbeobachtungen und Beziehungsreflexionen mit filmischen Verfremdungseffekten wie überlappenden Tonspuren, dissoziativer Montage und falsch untertitelten Dialogszenen. Es beginnt mit einer Einstellung, in der Woody Allen alias Alvy Singer (Berufskomiker) direkt in die Kamera spricht: „Ich möchte niemals einem Club angehören, der Leute wie mich als Mitglied aufnimmt.“ Das Grundgefühl des melancholischen Selbstzweiflers, bis ins Letzte ausbuchstabiert. Daneben werden auf der Straße, im Café und auf Partys Erinnerungen an die Zeit mit der Verflossenen (Diane Keaton) angesammelt. Die Sex-Routinen sind die schöne Beigabe. Das Gespräch, die Zigarette danach. Die klassische Screwball-Komödie musste aus Zensur-Gründen züchtiger sein. Glänzend absurd ist sie obendrein: Einmal phantasiert sich Alvy in einer biografischen Rückblende zusammen, er wäre unter einer Achterbahn aufgewachsen.

Zu streamen auf Netflix und Amazon

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