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Partys, Pelze und Bling-Bling: So feiert die High Society auf Netflix, Amazon & Co.

Indigo Film
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Wer bedauert, nicht zum kommenden Opernball geladen zu sein, kann sich zumindest per Streamingdienst unter die Reichen und Schönen mischen. Fünf Empfehlungen der "Presse"-Filmredaktion dazu.

La Grande Bellezza – Die große Schönheit

Von Paolo Sorrentino, 2013
Zu sehen auf Sky

„A far l'amore comincia tu“: Schon in einer seiner ersten Szenen schmeißt sich „La Grande Bellezza“ zu den unwiderstehlichen Klängen einer House-Version von Raffaella Carràs kultigem Disco-Hit aus den Siebzigern ins Getümmel einer ekstatischen Festlichkeit über den Dächern Roms. Die Kamera schlängelt sich durch beschwipste Schickeria und tanzende Adabeis, dicht auf den Fersen des mondänen Literaten und alternden Lebemanns Jep Gambardella (toll: Toni Servillo), der mit lässiger Tschick im Grinsegesicht einen auf „life of the party“ macht. Obwohl sein größter Erfolg als Autor fast vergessen ist, liegt ihm die bessere Gesellschaft immer noch zu Füßen. Der nahende 65er gibt ihm zu denken: Was hat ihm dieses dekadente Dasein eigentlich gebracht? Paolo Sorrentinos internationales Durchbruchswerk, ein opulentes Update von Fellinis Klassiker „La dolce vita“, ist so manieriert wie seine anderen Arbeiten – aber hier passen die zügellos-hohlen Stilexzesse perfekt zum Sujet: Die ewige Stadt erscheint als schillerndes Babylon kurz vor dem Fall, hinter der schrillen Schminke ihrer illustren Bewohner steckt tiefe Melancholie. Und die große Schönheit, das ist am Ende vielleicht einfach nur eine Bootsfahrt im Schatten der Tiberbrücken.

Frühstück bei Tiffany

Von Blake Edwards, 1962
Zu sehen auf Netflix

Truman Capote hob Holly Golightly aus der Taufe, Audrey Hepburn machte sie zur Ikone: Eine leichtblütige Salonlöwin auf der unbeschwerten Suche nach sich selbst (und einem möglichst reichen Mann), stets chic ausstaffiert und mit gewinnendem Lächeln auf den Lippen. Nicht nur die unvergleichliche Ausstrahlung und das makellose Modebewusstsein der gleichermaßen gewieften wie traumtänzerischen Figur verschafften ihr einen Poster-Fixplatz in WG-Zimmern weltweit, sondern auch, dass sie für einen urban-unabhängigen Frauentypus stand, den man im US-Kino das letzte Mal in den 1930ern gesehen hatte. Holly über sich und ihren namenlosen Kater: „We belong to nobody, and nobody belongs to us.“

The Bling Ring

Von Sofia Coppola, 2013
Zu sehen auf Amazon und Sky

Wie raubt man Paris Hiltons Villa aus? Mit dem Schlüssel unter ihrer Türmatte. Was klingt wie ein schlechter Witz, basiert auf wahren Begebenheiten: Zwischen 2008 und 2009 erleichterte eine Bande von Teenagern in einer Serie von Einbrüchen etliche verreiste Promis um Geld und Schmuck. Sofia Coppola, Hollywoods Expertin für Wohlstandsverwahrlosung, macht sie zu Hauptfiguren eines satirischen Moralstücks. Emma Watson spielt die Anführerin der Film-Gang, der es letzten Endes nur darum geht, ihren Vorbildern aus der Welt der Hochglanzmagazine ein Stückchen näherzukommen. Ein Heist-Movie für die Generation Selfie, verführerisch glitzernd wie deren Träume von Ruhm und Reichtum.

Nur die Sonne war Zeuge (Plein Soleil)

Von René Clément, 1960
Zu sehen auf Amazon

Patricia Highsmiths Psycho-Krimi „Der talentierte Mr. Ripley“ wurde zweimal verfilmt. Anthony Minghellas Fassung mit Matt Damon, Jude Law und Gwyneth Paltrow ist heute bekannter als ihr Vorgänger, René Cléments „Nur die Sonne war Zeuge“ – aber Letzterer ist kaum weniger spannend und bietet zudem ein markantes Porträt der damaligen Jeunesse dorée Europas, mit ihren Launen und Zechtouren, Italien-Reisen und Bootsausflügen. Überdies prägte der Film das Image der französischen Leinwandlegende Alain Delon wie nur wenige andere: Selbstredend stiehlt er als Hochstapler Ripley mit einer Mischung aus existenzieller Unrast, ausgestellter Coolness und düsterem Sex-Appeal allen die Show.

My Man Godfrey

Von Gregory La Cava, 1936
Zu sehen auf Amazon, auch in kolorierter Fassung

Die eklatante Gegenwartskluft zwischen Arm und Reich scheint im zeitgenössischen Hollywoodkino nur selten durch. Während der Depressionsära war die Traumfabrik offener für soziale Realitäten – selbst wenn es ihr primär um Zerstreuung ging. Ein Musterbeispiel ist Gregory La Cavas famose Screwball-Komödie „My Man Godfrey“, die mit einer grotesken Schnitzeljagd beginnt: Um zu gewinnen, müssen die oberen Zehntausend dem Schiedsrichter einen „forgotten man“ vorweisen (Theodore Roosevelts pars pro toto für die Verlierer der Wirtschaftskrise) – und suchen am Ufer des East Rivers. So landet der rechtschaffene Sandler Godfrey (William Powell) über Umwege als Butler bei der mehr als gutbetuchten Familie Bullock. Deren aufgekratzte Tochter Irene (Carole Lombard) sieht in ihm erst nur ein putziges Haustier – doch schon bald pocht ihr Herz für den guten Mann, dessen innere Noblesse der dysfunktionalen Oberschichts-Sippschaft auf gewitzte Weise Mores lehrt. Als Satire geht der Film nicht wirklich durch, dafür bleiben die Figuren zu sympathisch – dafür besticht die Moral-Klamotte mit ulkigen Details: etwa einem dauerhungrigen Haus-„Künstler“, der sich auf Geheiß zum Affen macht.

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