„Ugly“: Kino der Transzendenz

(c) Thimfilm / Novotny Film
  • Drucken

Mit kraftvollen Bildern erzählt die ukrainisch-österreichische Koproduktion „Ugly“ vom Widerstreit elementarer Kräfte in geschundenen Menschenseelen.

„Es gibt sie nicht, die Liebe“, schmettert Jura seiner Familie entgegen, „es gibt nur Körper, Fleisch und Knochen!“ Es ist eine dunkle Stunde für ihn, sitzt er doch im Kreise seiner Nächsten in der Finsternis. Und Jura ist unfähig, den Kern seines Weltschmerzes zu erklären, seine Worte tappen im Dunkeln. Eine schmerzliche Szene, aber auch voller Zärtlichkeit, beseelt von Trauer, Wut – und Liebe –, obwohl es diese in Zeiten des schwindenden Lichts schwer hat.

In „Ugly“ geht es ganz unbescheiden um den Widerstreit elementarer Kräfte: dort Tod, Leid und Verfall; hier Leben, Glück und Hingabe. Elementar ist auch die Erzählform: Aus den kraftvollen Bildern und der assoziativen Montage erfährt man mehr als aus dem spärlich gesäten Dialog.

Was sieht man? Jura, der nach einem Autounfall im kargen, blauen Zimmer eines ukrainischen Spitals an der Seite seiner Freundin leidet, die zwischen Schlaf und Schmerz schwankt. Und, parallel, ein wohlhabendes österreichisches Paar: Sie (Maria Hofstätter) hat Alzheimer, regrediert im reinlich weißen Bungalow, er (Raimund Wallisch) sieht zu und verzweifelt daran. Hier sind alle gleich vor der Natur, winden sich in ihrer Gewalt, wie jemand unter einem Wechselduschbad (die erste Einstellung des Films) oder wie sturmgebeuteltes Schilf (das Schlussbild). Zeit und Raum sind sekundär in diesem Strudel der Gefühle.

Der aus der Ukraine stammende Juri Rechinsky, 2013 mit der harten Drogen-Doku „Sickfuckpeople“ erstmals aufgefallen, beweist auch diesmal (titelgemäß) Mut zur Hässlichkeit, doch die Wärme einer Berührung ist ihm ebenso wichtig; manchmal wirkt es, als wolle Wolfgang Thalers Kamera die Figuren umarmen. Thaler, Hofstätter und manch verstörender Moment erinnern an Ulrich Seidl (dessen Firma mitproduziert hat), doch im Kern ist der Film eher dem Transzendenzkino von Tarkovski und Terrence Malick seelenverwandt.

Solche Positionen sind selten im heimischen Film, sie lassen sich schwer vermarkten – neben Rechinsky fällt einem nur noch Peter Brunner ein, der sein neues Werk, „To the Night“, in New York gedreht hat. Umso erfreulicher, dass „Ugly“ bis 21. März im Metro-Kino läuft und beim jungen Streaminganbieter VOD Club Austria zur Verfügung stehen wird. (and)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.03.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.