Ein braver Geist, der in alle Teenager schlüpft

Letztendlich sind wir dem Universum egal
Letztendlich sind wir dem Universum egal(c) Orion Pictures
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„Letztendlich sind wir dem Universum egal“: genderpolitisch korrekt und ziemlich kitschig. Ab Donnerstag.

Die Ausgangssituation von „Letztendlich sind wir dem Universum egal“ (Originaltitel: „Every Day“) klingt wie die eines Horrorfilms über ruhelose Totengeister, teuflische Dämonen oder parasitäre Außerirdische, die mit bösen Absichten das Bewusstsein von Erdbewohnern kapern. Aber der Geist, der in der Verfilmung des gleichnamigen Jugendromans von David Levithian eine idyllische US-Kleinstadt heimsucht und Besitz von ihren Einwohnern im Highschool-Alter ergreift, ist nicht nur gutmütig und menschenfreundlich, sondern das einzige paranormale Lebewesen seiner Art. Die Körper seiner Wirte sucht er sich nicht einmal selbst aus: Er wacht jeden Morgen in einem neuen auf.

Zudem geht A, wie der Körperwanderer schlicht heißt, höchst zurückhaltend mit seiner Gabe um. Er versucht, keine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und kein Chaos in der Lebensrealität seiner Wirte zu hinterlassen. Wenn er Veränderungen an ihr vornimmt, dann nur positive und klitzekleine. Ein diskreter, rücksichtsvoller Eindringling – zumal ohne fixierte äußerliche Erscheinung und daher ohne Geschlecht, Hautfarbe oder ethnische Herkunft.

Levithian, der US-Autor der Romanvorlage, ist bekennender Homosexueller und Unterstützer der LGBT-Bewegung. Seinen ätherischen Protagonisten legte er bewusst als Symbolfigur für die Haltung der Gender-Bewegung an, für die Merkmale, durch die eine Person auf Mann/Frau, Weißer/Schwarzer, Inländer/Ausländer festgelegt wird, nur zweitrangig gegenüber dem Charakter sind. A symbolisiert bei ihm zwar nicht den Heiligen Geist, der die Gläubigen in Zungen reden lässt, oder das kommunistische Gespenst aus dem Manifest bei Marx, das den Spirit der erwachenden Arbeiterbewegung repräsentiert, aber er/sie/es steht für den sozial-progressiven Diversity-Zeitgeist.

So erblickt das adoleszente Mädchen Rhiannon hinter der Fassade aller Kategorien von Ethnie, Geschlecht und sexueller Orientierung die kostbare Seele eines Individuums – und verliebt sich schließlich in den Geist selbst. Eine spannende Idee für eine Teenager-Parabel: sozusagen Platonismus, versetzt ins Zeitalter der Identity Politics.

Angourie Rice: zuckersüß, aber fad

Leider findet Regisseur Michael Suscy für sie keine überwältigenden Bilder, sucht nicht einmal nach solchen. Lustlos bedient er sich der Klischees und ästhetischen Formeln eines typischen Teenager-Dramas. Die eigentlich recht talentierte Schauspielerin Angourie Rice („Die Verführten“) gibt die zuckersüße Protagonistin in Converse-Turnschuhen, mit einem Ausdrucksspektrum zwischen Schlafzimmerblick und Kulleraugen. Das restliche Personal besteht aus altbackenen Genre-Erscheinungen wie einem leicht entsorgbaren Quarterback-Freund und einem schüchternen Schönling.

Eine komplexere Erzählstruktur hätte die Geschichte vielleicht retten können. Aber dafür ist der Film zu übersichtlich arrangiert, zu lahm im Tempo und zu vorhersehbar in seinen Wendepunkten geworden. Selbst die Liebesszenen zünden nicht – da noch ein schöner Moment im hippen Café, dort noch ein Kuss vor der malerischen Waldhütte, und fertig ist das bunte Indie-Kitsch-Gemälde. Bleibt nur Wohlgefallen – ein Jammer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.05.2018)

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