Filmtipps

Neue Geheimtipps auf Netflix, Amazon & Co.

Michael Gibson/HBO
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So manche Filmperle der letzten Monate war hierzulande nicht im Kino zu sehen – sondern landete gleich im Fundus der Streamingdienste. Fünf Empfehlungen vom Gruseltrip bis zum Actionkracher.

A Futile and Stupid Gesture

Biografische Komödie von David Wain (2018)
Zu sehen auf Netflix

Im goldenen Zeitalter Hollywoods drehten Regisseure meist nur für ein einziges Studio. Im goldenen Zeitalter der Streamingdienste hat sich diese Praxis noch nicht durchgesetzt. Aber es scheint doch immer wieder einvernehmliche Zweckgemeinschaften zu geben. Der Comedy-Exzentriker David Wain etwa verträgt sich mit Netflix recht gut: Schon zwei tolle „Wet Hot American Summer“-Serien durfte er dafür produzieren, nun wurde sein jüngster Film „A Futile and Stupid Gesture“ nach einer Festival-Premiere im Jänner direkt über die Streaming-Plattform vertrieben. Darin zollt Wain seinen Altvorderen Tribut: Namentlich Doug Kenney und Henry Beard, Gründer der wegweisenden Satirezeitschrift „National Lampoon“. Der rasant erzählte Film schildert Aufstieg und Fall dieser vor allem in den 1970ern und 80ern relevanten Provokationshumor-Institution, ohne die es heute wohl weder die legendäre Sketch-Show „Saturday Night Live“ noch deutschsprachige Pendants wie die „Titanic“ gäbe, mit einer Mischung aus Humanismus und Selbstironie – er ist zugleich die augenzwinkernde Parodie des Erfolgsstory-Filmgenres und ein Musterexemplar desselben. In den Hauptrollen brillieren Will Forte und Domhnall Gleeson, an den Rändern laufen indes zahllose aus Film und Online-Fernsehen bekannte Gesichter durchs Bild.

Gerald's Game

Psychotrip nach Stephen King (2017)
Zu sehen auf Netflix

Früher ging man auf der Suche nach guten, unbekannten Horrorfilmen in die Videothek, heute wühlt man in der Streaming-Kiste. Manch eine Gruselperle verschwindet dort ohne viel Aufhebens – etwa die Netflix-produzierte Stephen-King-Verfilmung „Gerald's Game“. Sie handelt von einem Ehepaar, dass sich für ein Wochenende ins abgelegene Ferienhaus zurückzieht. Um die Beziehung zum Knistern zu bringen, lässt sich die Frau (Carla Gugino) auf ein Fesselspiel ein – doch als ihr Gatte (Bruce Greenwood) unvermittelt einem Herzinfarkt erliegt, beginnt für sie ein Martyrium: Ans Bett gekettet, ohne Aussicht auf Rettung, wird sie von Halluzinationen heimgesucht, die verdrängte Traumata ans Licht bringen. Ein bisschen zu erklärwütig ist dieser Kammerspiel-Psychotrip, aber hervorragend gespielt – und stellenweise richtig unheimlich.

Last Flag Flying

Richard Linklaters Veteranendrama (2017)
Zu sehen auf Amazon

2003, kurz nach dem Ausbruch des Irakkriegs, begeben sich drei Veteranen, die während ihres Einsatzes in Vietnam unzertrennliche Freunde waren und deren Wege sich danach trennten, auf einen Road-Trip. Mit dabei: der Sarg, in dem der gefallene Sohn von Larry (Steve Carrell) liegt, der ihn in seiner Heimatstadt begraben will. Die Stimmung zwischen den drei Männern schwankt zwischen Befremden und Nostalgie. Richard (Laurence Fishburn) hat sich stark verändert, ist vom Partyhengst zum Priester geworden, während Sal (Bryan Cranston) der vorlaute Säufer von früher geblieben ist. Linklater gelingt in „Last Flag Flying“ das Kunststück, ein tiefschürfendes Drama über eine von zwei desaströsen Kriegen traumatisierte Nation mit einer Komödie über eine wiedererwachte Freundschaft voller Dialogwitz zu verschränken.

Wonderstruck

Bildgedicht von Todd Haynes (2017)
Zu sehen auf Amazon

Fraglich, ob „Wonderstruck“ ohne die Offenheit, die Streamingdienst-Produzenten wie Amazon gegenüber filmischen Experimenten aufbringen, jemals gedreht worden wäre. Das Märchen ist jedenfalls ein eigenwilliges Bildgedicht an der Grenze zum Avantgarde-Kino: Der eine Part, in dem ein gehörloses Mädchen 1927 von zu Hause ausreißt, ist wie ein Stummfilm inszeniert. Im anderen Teil bricht ein tauber Bub 1977 allein nach New York auf, um herauszufinden, woher er kommt und wohin er gehört.

Fahrenheit 451

Literaturverfilmung mit Haudrauf, von Ramin Bahrani
Zu sehen auf Sky (auf Englisch schon jetzt, auf Deutsch ab 27.7.)

Wenn man ehrlich ist, war der Kulturpessimismus in Ray Bradburrys Sci-Fi-Dystopie „Fahrenheit 451“ immer schon etwas plump: Die Masse verblödet vor den TV-Bildschirmen – die Staatspolizei verbrennt alle Bücher – und die Rebellen sind Naturliebhaber und Leseratten. Wenn sich die jüngste HBO-Verfilmung des Romans nun als grandios gescheiterte Action-Trash-Perle entpuppt, in dem muskulöse Haudrauf-Typen dicke Wummen spazieren tragen, spürt man Genugtuung. Man kann ja auch Shakespeare und Schwarzenegger mögen.

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