„So was von da“: Fast live dabei auf der Reeperbahn

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Jakob Lass steht für den hippen und vitalen neuen Film aus Deutschland. Bei seinem Abrissparty-Spektakel „So was von da“ springt der Funke aber kaum über.

„Schöner Moment, gutes Ende, Abspann bitte“, sagt Niklas Bruhn als Oskar am Anfang direkt in die Kamera. Und: „Man fragt sich doch ständig, warum man überhaupt lebt, aber die Antwort ist eigentlich ganz leicht: Alles, was zählt, ist das Hier und das Jetzt.“

Diesfalls ist das ein Musikclub, den Oskar auf der Reeperbahn betreibt: Überschuldet steht er kurz vor der Schließung. Ein Gentleman-Strizzi (St.-Pauli-Legende und TV-Promi Kalle Schwensen im betörenden Selbstdarstellermodus) droht höflich mit Fingerbruch, sollte er sein Geld nicht baldigst wiedersehen. Aber weil es sich über dem Abgrund am besten tanzt, findet das anberaumte Silvesterfest als Abrissparty statt.

Den fröhlichen Kontrollverlust und die Feier des Augenblicks im Angesicht widriger Umstände hat sich auch Filmregisseur Jakob Lass auf seine Fahnen geschrieben. Als führender Vertreter des „German Mumblecore“ ficht er für den jungen, hippen deutschen Film, für eine Revitalisierung ausgelaugter Kinoenergien, mit Betonung auf „vital“: Wie einst Christina Stürmer kriegt er nie genug vom Leben. Und Leben bedeutet für ihn: Improvisation, lockere bis ausgelassene Stimmung am Set, Drehbuch nur als Gerüst. Mit der zappelnden Leinwand-Amour-fou „Love Steaks“ verhalf er Franz Rogowski zum Durchbruch, sein letzter Streich „Tiger Girl“ strebte bereits nach breiterem Publikum.

Hier Party, dort Handlung

„So was von da“ gibt sich nun als Partyfilm einer echten Party. Gedreht und gefeiert wurde gleichzeitig, um die Atmosphäre einer pulsierenden Clubfete möglichst unverfälscht einzufangen. Neu ist dieser Ansatz nicht: 2011 siedelte der Schotte David MacKenzie seine romantische Komödie „You Instead“ beim Musikfestival „T in the Park“ an und integrierte das Geschehen rundherum in die Handlung. Ein Jahr später vermittelte der Jugendfilm „Project X“ mithilfe von Komparsenmassen das so elektrisierende wie beängstigende Gefühl eines Sturzflugs durch eine eskalierende Teenagersause.

Leider scheitert „So was von da“ an der Balance zwischen zügelloser Feierlaune und narrativer Stringenz. Die Party selbst zeitigt Aufnahmen von erfreulicher Ungebärdigkeit, doch die Story über Oskar und seine exzentrischen Freunde wird mäßig überzeugend dargeboten, notdürftig gekittet von Kapiteleinblendungen und einer Erzählstimme à la „Trainspotting“. Immer wieder stolpert man über die Nähte des Zickzackschnitts und den erstaunlich unlebendigen Impro-Theater-Dialog, schlimmstenfalls herrscht Langeweile.

Was nutzt es, dass Bela B. von den Ärzten einen netten Gastauftritt als abgewrackter Altrocker hat, oder dass Corinna Harfouch als pikierte Innensenatorin durch das Getümmel taumelt? Lieber als mit den Hauptfiguren abzuhängen, würde man sich selbst ins bunte Treiben stürzen, doch das geht im Kino leider nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.08.2018)

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