„Die Unglaublichen": Papa ist kein Superheld

Da glaubt Mr. Incredible noch, er hätte alles im Griff. Was er nicht weiß: Dieses Baby ist gefährlich.
Da glaubt Mr. Incredible noch, er hätte alles im Griff. Was er nicht weiß: Dieses Baby ist gefährlich.(c) Pixar/Disney
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Die Ästhetik von „Die Unglaublichen 2“ ist düsterer ausgefallen als im ersten Teil. Entzückend dagegen: Die Debatten beim Abendessen und die Nöte eines Helden in Karenz.

Zunächst eine Warnung: Das Baby schaut nur so harmlos aus. In Wirklichkeit steckt ein Teufel in ihm, feuerrot, höllenheiß und mit arg spitzen Zähnen. Deren Bekanntschaft macht der liebe Papa Incredible, der im zweiten Teil der „Unglaublichen“ die Kinder hütet, während seine Frau, Elastigirl, durch die Welt jettet auf der Suche nach dem Bösen, das da zu bekämpfen wäre. Er hat es wirklich nicht leicht: Die Tochter ist unglücklich verliebt, stibitzt superheldenmäßig unsichtbar und teeniemäßig heulend Eis aus dem Kühlschrank und will sich nicht trösten lassen. Was soll er nur tun mit dem Gör? Und was mit dem Söhnchen, das Hilfe beim Prozentrechnen brauchte, nur rechnen die jetzt die Prozente ganz anders aus als anno dazumal. Die haben Mathe geändert!

Aber das Schlimmste ist eben das Baby, das plötzlich wie der Rest der Familie Superkräfte entwickelt hat – und zwar gleich im Dutzend: Aus seinen Augen schießen Flammen, es kann abzischen wie eine Rakete, durch Wände gehen, sich selbst entzünden . . . und sich eben in einen Teufel verwandeln. Besänftigen lässt es sich dann nur mit Keksen. Aber man kann einem Baby doch nicht immer einen Keks geben, wenn es gerade einen will! Und wie will man es ins Bett bringen, wenn ihm Gitterstäbe einfach wurscht sind? Die Geschichte vom überforderten Dad ist alt – selten hat man sie so frisch und mit so viel Witz erzählt bekommen wie von Autor und Regisseur Brad Bird. Und ja, auch Normalsterbliche plagen sich manchmal mit einem Teufelsbraten.

Schnittig auf dem schwarzen Motorrad

Zur Story: Der zweite Teil von „Die Unglaublichen“ schließt nahtlos an den ersten an. Die Superhelden dürfen immer noch keine Bösewichte fangen, es ist ihnen per Gesetz verboten, weil in der Vergangenheit dabei so manches zu Bruch gegangen ist und die Bevölkerung nicht verstehen kann, dass daran nicht die Helden schuld sind, sondern die Bösewichte. Ein Mäzen will das ändern, er möchte Elastigirl mit Bodycam auf Verbrecherjagd schicken, damit jeder sehen kann, wie großartig sie ist und das Gesetz gekippt wird. Was zu Hause am Esstisch für lange ethische Debatten sorgt. Darf man das Gesetz brechen, damit später das, was man tut, erlaubt wird? Vor allem die Teenie-Tochter hat da einiges an Argumenten zu bieten.

Ästhetisch ist der zweite Teil weit düsterer ausgefallen als der erste, dem Trend der Zeit folgend: Schon das Disney-Schloss im Intro strahlt in Glutrot und über die Kinoleinwand hüpft ein pechschwarzes Pixar-Lämpchen. Wenn Elastigirl mit ihrem schnittigen Motorrad und im silbrig funkelnden Heldenkostüm durch dunkle Häuserschluchten rast, hat sie nichts mehr von der mütterlichen Heldin des ersten Teils. Diese Frau genießt die Geschwindigkeit, sie hat Spaß daran, ihre Kräfte zu beweisen, ein Glück, dass sie auf der Seite der Guten steht, denkt man. Der ganze Film ist dunkler eingefärbt, das Verbrechen wirkt bedrohlicher, es geht um Hypnose, gekaperte Sender, ferngesteuerte Präsidenten. Die Action-Szenen sind spektakulär.

Bis, ja bis dann natürlich doch wieder alles gut wird, mit vereinten Kräften rettet Familie Superheld mit ihrem getreuen Freund Frozone die Welt und alles wird wieder freundlich und hell, obwohl: Hatte ihr Gegenspieler nicht ein bisschen recht, wenn er meinte, es mache die Menschen schwach und unvorsichtig, wenn sie sich auf die Hilfe von Superhelden verlassen? Und was, bei Lichte besehen, hat Familie Incredible eigentlich erreicht? Schon im ersten Teil kämpfte Mr. Incredible eigentlich gegen ein Monster, das er selbst erschaffen hat. Und hier? Wir warten auf den dritten Teil.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.09.2018)

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