Simon Schwarz als Produzent: Romeo und Julia betteln in Wien

Simon Schwarz hat mit seiner Lebensgefährtin Alexandra Makarová die Liebesgeschichte zwischen zwei Teenagern verfilmt.
Simon Schwarz hat mit seiner Lebensgefährtin Alexandra Makarová die Liebesgeschichte zwischen zwei Teenagern verfilmt.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Für Alexandra Makarovás Liebesgeschichte „Zerschlag mein Herz“, die in der Welt der Roma spielt, fungiert Simon Schwarz zum ersten Mal als Produzent.

Alexandra Makarová saß mit ihrer Mutter vor dem Wiener Café Sperl, als sie ein junger Bettler nach einer Zigarette fragte. Sie kannte ihn vom Sehen, doch an diesem Tag war etwas anders; er begann wüst zu schimpfen – nicht wissend, dass Makarová ihn verstand. Die Regisseurin blieb verstört zurück. Noch am selben Abend schrieb sie eine Kurzgeschichte, in der sie überlegte, was genau den jungen Mann so frustriert haben könnte – außer dem Leben auf der Straße, das unweigerlich verrohen lässt. Als Erster lesen durfte die Geschichte der Schauspieler Simon Schwarz, Makarovás Lebenspartner. „Es war“, erinnert er sich, „eine rührende, archaische Liebesgeschichte“. Und es war der Ausgangspunkt einer „langen und aufwendigen Reise“ der beiden tief hinein in ein fremdes Milieu – und für Schwarz in ein neues Betätigungsfeld.

Zunächst recherchierten die beiden in Wien, versuchten, mit Bettlern ins Gespräch zu kommen, sprachen mit der Polizei und NGOs, „alle mit ihrer eigenen Sicht der Dinge“. Vorgeplänkel, sagt Simon Schwarz, den irgendwann sei klar gewesen, dass man dort hin müsse, wo die Menschen, die auf den Straßen Wiens ihr Geld verdienen, herkommen. Manche der Roma-Dörfer in der Ostslowakei seien eher Slums gewesen, ohne Wasser oder Kanalisation erinnerten sie ihn eher an Südamerika oder Bangladesch als an einen Ort in Europa.

Als Hauptdarsteller, so Schwarz, wollte man unbedingt Laien, doch die Castingagentur warnte vor Roma, schickte einfach „normale Slowaken, die ein bisschen dunkler waren oder braungebrannt vom Urlaub“. So begab man sich selbst auf mühsame Castingreisen. Simona Kovacová, die das Mädchen Marcela spielt, fand Makarová schließlich auf Facebook; Roman Horváth, er gibt den 17-jährigen Pepe, der sich in Marcela verliebt, auf einem Sportfest – samt Irokesen und Tattoos. „Wir mussten in seinem Dorf, einem schlimmen Slum, einen der Älteren beauftragen, auf ihn aufzupassen, damit er sich die Haare wachsen lässt und seinen Kampfanzug verliert“, erinnert sich Schwarz schmunzelnd. Gedreht wurde in zwei slowakischen Dörfern und am Rande Wiens – in einem Gebäude, das bis vor Kurzem „an möglichst viele Leute“ vermietet worden war.

Dreh in einem Massenquartier

Die oberen Wohnungen seien dabei von Wanderarbeitern bewohnt gewesen, schildert Schwarz; „pro Zimmer nur vier oder fünf Betten, etwas besser gepflegt“. Unten, die billigen Räume, seien in katastrophalem Zustand gewesen, „abgedunkelt mit Zeitungspapier, Schimmel, Stockbetten aus ungehobelten Brettern, Gestank. Da standen wir dann plötzlich mittendrin.“

Überhaupt – Material für eine Dokumentation hätte man genug gesammelt; und Geschichten, die schlimmer seien als jene „Romeo und Julia“-Variante, die „Zerschlag mein Herz“ nun erzählt. Dass er selbst dafür als Produzent fungierte, habe mit dem Hineinwachsen in das Projekt zu tun. „Irgendeiner mietet den Wagen, zahlt das Benzin.“ Und ohnehin sei er schon seit 20 Jahren an der Produktionsseite interessiert.

„Nur, weil ich Schauspieler bin, heißt das nicht, dass ich das mein Leben lang machen muss. Den Weg hinter der Kamera empfinde ich als einen wahnsinnig schönen.“ Für den Umgang mit Bettlern hat er keine Empfehlung. „Das muss jeder selbst entscheiden. Was ich weiß, ist: Sie sind alle arm.“ Und dass Menschen ausgebeutet würden und dank ihnen andere verdienen – „das findet man auch in der Privatwirtschaft“.

Auf einen Blick

Simon Schwarz, geb. 1971 in Wien, wurde mit „Die Siebtelbauern“ bekannt. Er gehört zu Österreichs meistbeschäftigten Film- und Fernsehschauspielern. Für „Zerschlag mein Herz“ fungierte er erstmals als Produzent: Pepe lebt mit seinem unberechenbaren Onkel in einem baufälligen Haus am Rande Wiens. Als Marcela neu aus der Slowakei dazustößt, ist es für die Teenager Liebe auf den ersten Blick; doch auch der Onkel beginnt sich für das Mädchen zu interessieren. Im Kino.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.10.2018)

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