Harte Eier und andere Eigenheiten im „Tatort“

Der „Dokta“ (Erwin Steinhauer) jausnet vor den Kommissaren (Adele Neuhauser, Harald Krassnitzer).
Der „Dokta“ (Erwin Steinhauer) jausnet vor den Kommissaren (Adele Neuhauser, Harald Krassnitzer).(c) ORF (Hubert Mican)
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Produzent Danny Krausz über seinen ersten „Tatort“ - er hält die Reihe für „ein singuläres Phänomen“- und das Zusammenwachsen von Kino und Fernsehen.

Irgendwann muss „da Dokta“ dann doch am Kommissariat antanzen, um eine Aussage zu machen. Doch dieser Archetyp von einem Wiener Gauner, der sein Geld in Bordellen verdient und zur Grillparty daheim honorige Herrschaften aus Polizei und Ministerium einlädt, ist mindestens so hart gekocht wie die Eier, die ihm die „Frau Dokta“ zur Jause mitgegeben hat. Die verspeist er provokant im Verhörraum, während er jovial Ahnungslosigkeit vortäuscht. Dem „Dokta“ hängt man nicht so schnell was an. Und wenn er ruft, kommen sie alle – vom Kommissariatsleiter Rauter aufwärts – und lassen sich vom spendablen Gastgeber und seiner Bussi-Bussi-Ehefrau hofieren . . .

Für Produzent Danny Krausz und die von ihm und Milan Dor gegründete Dor Film ist „Her mit der Marie!“ der erste „Tatort“ und: „Ein Privileg.“ Er hält die Reihe für „ein singuläres Phänomen“, weil sie in verschiedenen Regionen und doch authentisch funktioniert. Dabei gehören die Fälle der Wiener Kommissare Bibi Fellner und Moritz Eisner (Adele Neuhauser, Harald Krassnitzer) sowie ihres naiven Assistenten (Thomas Stipsits) zu den beliebtesten. „Ich glaube, dass wir mehr Mut haben, Dinge ohne Umschweife beim Namen zu nennen. Das ist etwas, was die Deutschen vielleicht hie und da vermissten“, sagt Krausz.

Das Geheimnis des „Inkasso-Heinzi“

„Wir müssen uns im deutschen Sprachraum mit unserer Authentizität und unserer Eigenheit immer wieder beweisen. Und wir fragen uns täglich: Wodurch unterscheiden wir uns von anderen?“ Hier durch einen typisch wienerischen Fall: humorvoll, skurril, aber auch traurig – und top besetzt mit speziellen Charakteren wie Erwin Steinhauer und Maria Hofstätter (als „Dokta“ und Ehefrau), Christopher Schärf (als unsicherer Nachwuchszuhälter) und Simon Schwarz, dessen „Inkasso-Heinzi“ diesmal mit einem Geheimnis überrascht und tief berührt.

Die Dor Film produziert fürs Fernsehen und fürs Kino (von „Das ewige Leben“ bis „3 Tage in Quiberon“) – das sei für ein im internationalen Vergleich kleines Unternehmen „eine ziemliche Herausforderung“, sagt Krausz. Die Konkurrenz von Streamingdiensten sieht er positiv: „Die Möglichkeiten werden vielfältiger. Der Mitteleinsatz größer. So steigt die Qualität. Für uns sind das zusätzliche Chancen.“ Kino und TV würden qualitativ zusammenwachsen. „Es gibt Qualitätsserien, da gibt es überhaupt keinen Unterschied mehr. International gibt es keinen einzigen namhaften Regisseur mehr, der nicht auch in diesem Bereich tätig sein will. Das ist die Zukunft.“ Entscheidend sei die Qualität, nicht das Medium. Als österreichischer Produzent arbeite er in dem Gefüge nach dem Motto: „Think local, sell global“: „Ein Universalprodukt, das weltweit vermarktbar ist, ist nicht unsere Baustelle. Wir müssen zu unserer Identität und Eigenständigkeit stehen.“ Das verkaufe sich auch. Der österreichische Humor, aber auch die ernsthaften Inhalte – meist mit einer unterhaltsamen Note: „Darin sind wir unschlagbar.“

Für die Dor Film sei derzeit die Zusammenarbeit mit dem ORF „das Kerngeschäft“, sagt er, denn: „Kino wird schwieriger, weil es sich radikal verändert. Es gibt viel zu viele Filme im Kino, die sich gegenseitig kannibalisieren.“ Zurückziehen werde man sich da aber nicht. Drei Filme habe man derzeit „in der Pipeline“. Diese Woche startet „The Dark“ von Justin P. Lange und Klemens Hufnagl: „Ein sehr emotionaler Horrorfilm – man mag die Figuren. Das war mir lieber, als nur zu schocken“, sagt Krausz. 2019 folgen Rupert Hennings André-Heller-Verfilmung „Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein“ und „Gipsy Queen“, ein Film von Hüseyin Tabak. Wie sucht Krausz die Filme aus, die er produziert – z. B. den neuen „Tatort“? „Nach dem Drehbuch. Das müssen Kopf und Bauch gemeinsam entscheiden. Wenn die Geschichte gut ist, funktioniert's auch.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.10.2018)

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