Ein außergewöhnlicher Film über den Alltag von Flüchtlingen in Wien

Die Hauptfiguren spielen sich nicht direkt selbst, haben aber zusammen mit Žilnik Szenen erarbeitet, die Einblick in ihre Lebenswirklichkeit geben.
Die Hauptfiguren spielen sich nicht direkt selbst, haben aber zusammen mit Žilnik Szenen erarbeitet, die Einblick in ihre Lebenswirklichkeit geben.(c) Sixpack Film
  • Drucken


"Das schönste Land der Welt" von Želimir Žilnik läuft bis 23. Dezember im Wiener Metrokino. Es ist ein außergewöhnlicher Film über das Alltagsleben von Flüchtlingen.

„Oachkatzlschwoaf“ ist ein gewöhnungsbedürftiges Wort, das gibt die Deutschlehrerin zu. Doch die Migrantenklasse lässt sich nicht entmutigen. Zungenbrecher gibt es auch in anderen Sprachen – und vor denen muss selbst die Tutorin lachend kapitulieren. Die Stimmung im Sprachkurs ist gut, auch wenn Deutsch manchmal frustrierend sein kann; schließlich sind alle Anwesenden vom Wunsch geleitet, in Österreich eine neue Heimat zu finden. Bis dahin gilt es schlicht, den Alltag zu bewältigen – oftmals in banger Erwartung eines Asylbescheids.

Ebendiesen Alltag porträtiert der serbische Politkino-Veteran Želimir Žilnik in seiner jüngsten, überwiegend in Wien gedrehten Arbeit „Das schönste Land der Welt“. Es ist ein Doku-Drama, wie man es aus dem Fernsehen kennt: Die Hauptfiguren spielen sich nicht direkt selbst, haben aber zusammen mit Žilnik Szenen erarbeitet, die Einblick in ihre Lebenswirklichkeit geben. Obwohl ihre Performances nicht immer oscarreif sind, wirkt der Film meist authentischer als so manches Themen- und Problemstück: Statt auf die Menschen herabzusehen, nimmt man an ihren Erfahrungen teil.

Die Suche nach einer leistbaren Wohnung steht hier gleichwertig neben Fitness-Besuchen im Kampfsportklub. Dort wird diskutiert, wer besser zum Vorbild taugt: Bruce Lee oder Jackie Chan? Dass auch Nebensächliches Platz in der Erzählung findet, trägt zu ihrer Glaubwürdigkeit bei. Doch die Notlagen, die die Protagonisten nach Österreich trieben, werden nicht ausgeblendet – in Gesprächen blitzen Krieg und Elend immer wieder auf. Genauso behandelt der Film die Schwierigkeit, kulturelle Bindungen zu lösen. Ein Afghane bekommt (illegalen) Besuch von seinem Großvater, den bekümmert, dass sein Enkel noch nicht verheiratet ist. Also arrangiert er eine Scheinhochzeit, um das Gewissen des Älteren zu beruhigen. Die Aushilfsbraut stört sich kaum daran – unter dem zeremoniellen Schleier lässt sich schließlich trefflich schlafen.

Bis 23. Dezember läuft „Das schönste Land der Welt“ im Wiener Metrokino. Am Donnerstag, 13. 12., findet dort nach der Filmvorführung eine Podiumsdiskussion mit Žilnik und Gästen statt, der Kartenerlös dieses Abends geht an Asyl in Not und die Asylkoordination Österreich. (and)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.12.2018)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.