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Mehr als ein Mitschnitt: Die besten Konzertfilme auf Netflix und Amazon

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Die Rolling Stones sind unentschlossen, Paul Weller ist nervös, Taylor Swift wirft ihre Tänzer um und Justin Timberlake feiert: Konzertfilme leisten oft mehr, als nur den Blick auf die Bühne einzufangen. Fünf Empfehlungen.

Scorseses Blick auf die Rolling Stones

„Shine A Light“, 2008
Zu sehen auf Amazon

„We cannot burn Mick Jagger“, sagt der Regisseur, als eine Kamera zu überhitzen droht, mit steinernem Gesicht: „We want the effect, but we can't burn him.“ Martin Scorsese inszenierte sich in „Shine A Light“ – benannt nach einem so dramatischen wie zynischen Stones-Song, in dem die Glorie die Gosse erleuchtet – als devoter Diener eines überlebensgroßen Kults, zusammengefasst in der liturgischen Phrase: „This is rock'n'roll.“ Gleich zu Beginn muss er akzeptieren, dass ihre satanischen Majestäten nicht bereit sind, sich auf eine Setlist festzulegen, es wurde dann eine sehr gute, mit Raritäten wie „I'm Free“ oder „Some Girls“. Ein respektvoller James White singt bei „Loving Cup“ mit, bei „Live With Me“ wird Christina Aguilera von Jagger unverschämt niedergebalzt, bei „Champagne & Reefer“ ist Buddy Guy ziemlich entspannt. Aber meist regiert helle Aufregung, auch Bill Clinton, der erste US-Präsident, der jünger war als Keith Richards, ist bei seinem Staatsbesuch hinter der Bühne sichtlich nervös. Am Ende verlässt die Kamera das Beacon Theatre, fliegt übers nächtliche New York, fängt dann den Mond ein, der sich in das Stones-Emblem, die herausgestreckte Zunge, verwandelt. Perfekte Heldenverehrung. (tk)

Bei Helge Schneider ist alles Jazz

„Komm hier haste ne Mark“, 2011
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Einfach immer weitermachen: So könnte man Helge Schneiders Modus Operandi auf den Punkt bringen. Wenn ein Witz nicht sitzt, ist das der Witz. Wenn ein Solo ins Leere läuft, läuft Helge unbeirrt mit. Aus Fan-Sicht kann der deutsche Ausnahmekomiker nichts falsch machen – sein Stil operiert jenseits von Kategorien wie „gut“ oder „schlecht“. Jenen, die ihn für einen bloßen Faxenmacher halten, bietet sein erster Konzertfilm den Gegenbeweis: Hier entfaltet Schneider seine ganze musikalische Bandbreite, amüsiert als Zappa-hafter Genre-Parodist von Flamenco bis Blues. Letztlich ist aber ohnehin alles Jazz: Am stärksten betört Helges schlampige Virtuosität, wenn er entspannt am Klavier quinquiliert. (and)

Taylor Swifts Materialschlacht

„Reputation Stadium Tour“, 2018
Zu sehen auf Netflix

Aus dem Off tönt aufgeregtes Yellow-Press-Geschnatter. „Sie ist die jüngste Künstlerin, die jemals die Song-of-the-Year-Kategorie der Grammys gewonnen hat“, ist etwa zu hören. „Reputation“ nennt sich der Konzertfilm der amerikanischen Sängerin, die die Strecke vom naiven Country zur großen Pop-Materialschlacht in kürzester Zeit durchmessen hat. „Baby let the games begin“, lauten ihre ersten Worte. Im Opener „Ready For It?“ präsentiert sie sich im schwarzen Glitzerbody mit Kapuze. Die Kostüme wird sie in den nächsten zwei Stunden mehrmals wechseln. Mit einer Armada an Tänzerinnen und Tänzern und Gaststars wie Charlie XCX absolviert sie einen schwierigen Parcours. Metal-Riffs, Feuerfontänen und ihr zackiger Hüftschwung, der ihre Tänzer öfters umfallen lässt, reizen gefährlich. Swift zelebriert ihre Show der Superlative mit dem Ethos einer Leistungssportlerin und reichlich Künstlichkeit. Ihr Publikum weiß das zu schätzen. (sam)

Intime Momente mit Paul Weller

„Amazon presents Paul Weller LIVE, at The Great Escape“, 2015
Zu sehen auf Amazon

Ganz anders die Fans von Brit-Pop-Urgestein Paul Weller. Die lieben es, wenn es menschelt zwischen ihnen und ihrem Idol. „The Great Escape“, ein Konzertabend im Old Market in Brighton, zeigt einige solcher intimen Momente. Etwa wenn Weller die Ballade „Above The Clouds“ zum Chorgesang der Fans zelebriert. Er könne sich gar nicht leisten, vor einem Konzert nicht nervös zu sein, meint Weller im Trailer, „denn man müsse sich vor seinem Publikum stets aufs Neue beweisen.“ (sam)

Der lässiger Playboy Justin Timberlake

„Justin Timberlake + The Tennessee Kids“, 2016
Zu sehen auf Netflix

Ehre den Background-Musikern! Noch bevor der Star Präsenz zeigt, darf sich jeder von ihnen kurz vorstellen. Teamwork statt Egopflege lautet das Leitmotiv dieses famosen Films, der beim Abschluss einer Timberlake-Tour in Las Vegas auf Bild gebannt wurde. „Tennessee Kids, y'all ready?“, fragt der Frontmann, als er schnippend die Estrade runterswingt. „Yeah!“, respondiert die Entourage – die Party kann beginnen. Regie führte Jonathan Demme: Bekannt für „Das Schweigen der Lämmer“, war er auch einer der spannendsten Musikfilmer seiner Generation. Springsteen und New Order verdanken ihm tolle Videos, Neil Young, Robyn Hitchcock und die Talking Heads innovative Konzertdokus. Hier inszeniert er Timberlakes lustvolles R&B-Feuerwerk als großen Gemeinschaftsakt: Alle teilen sich mit sichtlichem Spaß das Rampenlicht. Dass sich der weiße Vollblutentertainer von einer überwiegend schwarzen Mannschaft stützen lässt, wirkt dadurch weniger gönnerhaft. Im Mittelpunkt steht er freilich trotzdem: Kein unnahbarer Sexgott (die Widmung gilt Prince), sondern ein lässiger Playboy in Feierlaune, der spielend zwischen Crooner, Moonwalker und bodenständigem Schunkler changiert. (and)

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