„Alita: Battle Angel“: Das Cyborg–Mädchen, das vom Himmel fiel

Dr. Ido (Christoph Waltz) schraubt sich aus Fundstücken vom Schrottplatz eine Maschinentochter.
Dr. Ido (Christoph Waltz) schraubt sich aus Fundstücken vom Schrottplatz eine Maschinentochter.(c) 20th Century Fox
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In der Cyberpunk-Fantasy „Alita: Battle Angel“ hatten zwei legendäre Filmemacher die Finger im Spiel. Ein Spaß!

Ein Mann stapft über einen Schrottplatz der dystopischen Iron City, greift sich einen Metallschädel – und kurz wähnt man sich im falschen Film. Das Artefakt erinnert an den „Terminator“ aus dem gleichnamigen Science-Fiction-Prachtstück von James Cameron, aus gutem Grund: Der legendäre Regisseur hat lange versucht, eine Filmadaption der Manga-Reihe „Battle Angel Alita“ zu realisieren, aber schließlich mit „Avatar“ einem anderen Projekt den Vorzug gegeben. Wiewohl Cameron nach wie vor als Produzent und Ko-Autor des ab Donnerstag durch die Kinos surrenden „Alita: Battle Angel“ fungiert, lässt Dr. Ido (Christoph Waltz) den Schädel wieder fallen und wendet sich einem anderen Fundstück zu: dem teilweisen Torso eines weiblichen Cyborgs.

Den verschraubt er mit einem neuen Metallkörper und gibt der Maschinenfrau den Namen Alita. Nicht nur sie erinnert entfernt an Frankensteins Kreatur, auch die teuer produzierte Cyberpunk-Fantasy selbst ist Stückwerk, geformt von zwei Kreativköpfen. Robert Rodriguez („Sin City“) mag auf dem Regiestuhl sitzen, aber Camerons Handschrift bleibt unverkennbar. Wo ersterer knöcheltief im schnörkellosen Pulp-Kino steht, holt letzterer gern zu epischen Erzählungen mit universellem Anspruch aus. Die kuller-äugige Alita ist eben nicht nur Robotermädchen auf der Suche nach ihren verlorenen Erinnerungen, sondern auserwählte Schlüsselfigur in einer minutiös ausgeformten Welt.

Über der Iron City schwebt die letzte der großen Himmelsstädte, alle anderen sind während eines Kriegs gefallen: Dieses Zalem ist Sehnsuchtsort für die Elenden, die in seinem Schatten hausen und hochblicken wie die antiken Griechen zum Olymp oder die unterirdischen Proletarier zu den oberirdisch Herrschenden in Fritz Langs „Metropolis“. Immerhin landet alleweil Müll von oben auf jenem Schrottplatz, auf dem Dr. Ido die Reste von Alita gefunden hat. Bevor diese die Weltordnung erschüttern und zum Sturm auf die Himmelsfestung blasen kann, gilt es dem Schurken Vector (Mahershala Ali) und seiner Armee von Cyborg-Monstern den Garaus zu machen.

Entzückend anachronistisch

In den beeindruckend inszenierten Kämpfen zwischen Alita und den hochgerüsteten Tötungsmaschinen spürt man Rodriguez' Abdruck am stärksten. Er hat kindliche Freude daran, die famos entworfenen Kreaturen ins Rampenlicht zu rücken, während die via Motion-Capture-Verfahren animierte Alita (Rosa Salazar) ihnen reihum die Stecker zieht. Das wirkt so schnell, brachial und wüst wie aus einer Action-Granate aus den Achtzigerjahren. Überhaupt wirkt „Alita“ allen dramaturgischen Mängeln und tricktechnischer Kunstfertigkeit zum Trotz entzückend anachronistisch, in den überlebensgroßen Dialogen, der scharfen Trennung zwischen Gut und Böse und den Kostümen und Frisuren der Figuren, die irgendwo zwischen retrofuturistischem Camp und postapokalyptischem Furor landen.

Aber in einem Punkt regiert doch der heutige Zeitgeist: Das Ende bleibt offen, eine Fortsetzung ist geplant, von einer Trilogie die Rede. Wieder einmal wartet man auf die Zukunft; und die bleibt erst einmal ungewiss.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.02.2019)

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