Fünf Erkenntnisse aus der Oscar-Nacht

91st Academy Awards - Oscars - Hollywood
91st Academy Awards - Oscars - Hollywood(c) REUTERS (Mike Segar)
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So weiblich und so divers wie 2019 waren die Oscars noch nie. Die Moderatoren für 2020 sind gefunden. Und Glenn Close wird ihren Oscar noch gewinnen!

Die Entscheidungen der 91. Academy Awards sind gefallen. Zeit für ein kurzes Fazit - und eine gewagte Prognose.

1. So weiblich war der Oscar noch nie

"Ich weine nicht, weil ich die Periode habe. Ich weine, weil gerade ein Film über die Menstruation den Oscar gewonnen hat", sagte eine der beiden Filmemacherinnen, die für den Dokumentarkurzfilm "Period. End of Sentence" mit dem Oscar ausgezeichnet wurde. In dem Film geht es um die in Indien tabuisierte Monatsblutung. Es war nur ein Indiz dafür, dass Frauen die heurige Oscar-Nacht so stark prägten wie nie zuvor. Der vielfach nominierte Film "The Favourite" konnte letztlich nur einen Oscar gewinnen, aber selten zuvor waren in einem für den Oscar nominierten Film Männer derart auf Nebenrollen beschränkt.

Zwar ging der Oscar in der Kategorie Regie - wieder - an einen Mann, aber auch er machte sich für Frauenrechte stark: Der mexikanische Regisseur Alfonso Cuarón hat den vielen Millionen illegal arbeitenden Frauen weltweit mit "Roma" überhaupt ein filmisches Denkmal gesetzt: "Die 70 Millionen Haushaltshilfen in der Welt ohne Arbeitserlaubnis sind Figuren, die in der Geschichte des Films in den Hintergrund verbannt wurden", sagte er, als er sich seine Tophäe abholte. "Es ist unser Job hinzuschauen, wo andere wegschauen. Diese Verantwortung wird noch viel wichtiger in Zeiten, in denen das Wegsehen gefördert wird." 

91st Academy Awards - Oscars - Hollywood
91st Academy Awards - Oscars - Hollywood(c) REUTERS (MIKE BLAKE)

2. So schwarz war der Oscar noch nie

Die historische Genauigkeit von "Green Book", des zum besten Film des Jahres gekürten Streifens, mag umstritten sein. Unbestritten erzählt dieser gut gemachte Film aber über eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen zwei Männern verschiedener Hautfarbe und über Alltagsrassismus in den 1960er Jahren. Mit "Black Panther" war erstmals auch ein Action-Blockbuster mit durchgehend schwarzen Haupt- und Nebendarstellern als bester Film nominiert. Hier sind Helden und Heldinnen überwiegend dunkelhäutig - ohne das großartig zu thematisieren, einfach weil es normal ist. Spike Lees Satire "BlacKkKlansman" hat ebenfalls viele Nominierungen eingeheimst und dem Regisseur für seine Mitarbeit am Drehbuch einen Oscar eingebracht.

Lee hielt auch eine starke Dankesrede: "Vor 400 Jahren wurden unsere Vorfahren aus Afrika geraubt und versklavt", sagte er. "Vor der ganzen Welt erweise ich unseren Vorfahren, die dieses Land aufgebaut haben, meine Ehre. Wenn wir mit unseren Vorfahren in Kontakt treten, erfahren wir Liebe, Weisheit und erlangen unsere Menschlichkeit zurück." Der Regisseur wurde auch politisch: "Die Präsidentschaftswahlen von 2020 sind nicht mehr weit weg. Lasst uns aktiv werden und auf der richtigen Seite der Geschichte stehen", sagte er. "Lasst uns das Richtige tun!" 

Ähnlich viel Anerkennung für afroamerikanische Filmemacher gab es zuletzt bei der Verleihung 2002, als neben dem Ehren-Oscar für Sidney Poitier auch Denzel Washington (für "Training Day") und Halle Berry (für "Monster’s Ball") jeweils als beste Hauptdarsteller ausgezeichnet wurden. Einziger Schönheitsfehler: Barry Jenkins wurde mit seinem Werk "If Beale Street Could Talk" übergangen, doch immerhin konnte Regina King die Trophäe als beste Nebendarstellerin erobern.

91st Academy Awards - Oscars - Hollywood
91st Academy Awards - Oscars - Hollywood(c) REUTERS (Mario Anzuoni)

3. Die Oscars werden diverser

2015 hatte Aktivistin April Reign mit dem Hasthag #OscarsSoWhite eine Diskussion um den Filmpreis angestoßen: zu weiß, zu männlich, zu alt, lautete die Kritik. Seither hat sich viel getan - auch, weil die Organisatoren sich Mühe geben, sich breiter aufzustellen: so wurden mehr Frauen, mehr Afroamerikaner, mehr Minderheiten angehörende Filmschaffende in die Academy geholt. Und das sieht man auch: So wurde heuer Schauspieler Rami Malek für seine Darstellung des Queen-Sängers Freddie Mercury zum besten Hauptdarsteller gekürt - und mit ihm ein Einwandersersohn: "Wir haben einen Film über einen schwulen Mann gedreht, einen Einwanderer, der sein Leben lang er selbst war, ohne sich dafür zu entschuldigen. Und die Tatsache, dass ich ihn und seine Geschichte heute mit Ihnen feiern kann, beweist, dass wir uns nach solchen Geschichten sehnen", sagte er bei seiner Dankesrede. "Ich bin der Sohn ägyptischer Einwanderer. Ich bin ein Amerikaner erster Generation. Teil meiner Geschichte wird in diesem Moment geschrieben."

US-OSCARS-SHOW
US-OSCARS-SHOW(c) APA/AFP (VALERIE MACON)

4. Die Oscars waren angenehm kurz – aber auch witzlos

Freilich, die Oscars sind nicht die Golden Globes, die zwar wengier glamourös daherkommen, dafür aber auch weniger steif – und wo ein bissiger Moderator gern ein wenig gegen die Filmindustrie austeilen darf. Nein, die Oscars sind eher eine ernste Veranstaltung. Nicht, dass man es nicht versucht hätte, aber Komiker Kevin Hart hat heuer abgesagt, nachdem alte, eher witzlose Bemerkungen von ihm aufgetaucht waren. Nun mussten die Oscars also ohne Moderator auskommen (mehr dazu in unserer TV-Notiz: "Oscars ohne Gastgeber? Einmal geht das, ein zweites Mal nicht"). Immerhin war die Verleihung der Filmpreise dafür heuer angenehm kurz. Allerdings fehlte der Witz. Für diesen wäre Hart wohl ohnehin nicht der richtige Mann gewesen. Ein Frauentrio zeigte, wie es gehen könnte: Tina Fey, Maya Rudolph, and Amy Poehler eröffneten den Preisreigen – mit ein paar launischen Bemerkungen, die nicht zu scharf waren. Die Gastgeber für 2020 dürften gefunden sein.

Immerhin: Olivia Colmans Oscar-Rede war wirklich witzig - wenn auch zu kurz: "Das hier ist tatsächlich ziemlich stressig. Köstlich, ich habe einen Oscar!"

5. Glenn Close wird den Oscar spätestens 2021 gewinnen

91st Academy Awards - Oscars - Hollywood
91st Academy Awards - Oscars - Hollywood(c) REUTERS (MARIO ANZUONI)

Sieben Mal war sie für einen Oscar nominiert, sieben Mal ist sie leer ausgegangen. Auch 2019 konnte Glenn Close den Oscar nicht mit nach Hause nehmen. Der Britin Olivia Coleman, die ihr den Oscar wegschnappte, war das sehr unangenehm. "Glenn Close, du bist schon so lange mein Idol und ich wollte nicht, dass es so ausgeht. Du bist unglaublich, ich liebe dich sehr", lauteten die tröstenden Worte der siegreichen Britin. Aber die nächste große Rolle kommt bestimmt und dann steht keine Coleman mehr im Weg - "this is not gonna happen again", sagte diese selbst scherzhaft in ihrer bewegten Dankesrede. Al Pacino schaffte es schließlich auch erst im achten Anlauf mit "Der Duft der Frauen" im Jahr 1993. Wenn das kein gutes Omen für Close ist, diesen blöden Spruch "oh, so close?" endlich loszuwerden.

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