Serientipps

Geschichten aus der Zukunft und der Einzelhaft: So gut sind die neuen Serien auf Netflix und Amazon

 Die 18-Jährige Maja wird in "Quicksand" beschuldigt, ihre Schulfreunde erschossen zu haben.
Die 18-Jährige Maja wird in "Quicksand" beschuldigt, ihre Schulfreunde erschossen zu haben.(c) imago images / Prod.DB (Johan Paulin / Netflix via www.imago-images.de)
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Ein Mädchen, das im Wald zur Kampfmaschine erzogen wurde. Ein Witwer, der sich an der Welt rächt. Ein Paar, das am Sex scheitert. Und eine Gesellschaft, die liebt, bis es zu viel wird: Das bringen die neuen Serien.

After Life

Von und mit Ricky Gervais
Zu sehen auf Netflix

Tony glaubt, ihm könne niemand etwas anhaben. Denn seit seine Frau gestorben ist, hat das Leben für ihn ohnehin keinen Wert mehr. Wieso also sollte er sich vor den beiden Räubern fürchten, die ihn bedrohen? Falls sie ihn umbringen sollten, wäre ihm nur ein Gefallen getan. Doch Tony muss wohl oder übel ohne seine Frau weiterleben, die ihm Videos mit Tipps und Ratschlägen hinterlassen hat. Statt sich seinem Schicksal zu fügen, beschließt Tony, sich an der Welt zu rächen, indem er alles tut, was er will, und immer sagt, was er denkt (und das ist immer ziemlich fies). Schwarzer britischer Humor von und mit Comedian Ricky Gervais (Drehbuch, Regie, Hauptdarsteller), der an den grandios grantelnden Jack Nicholson in „Besser geht's nicht“ erinnert. (i. w.)

My Husband Won't Fit

Zarte Romanze mit Sexproblem
Zu sehen auf Netflix

Was klingt wie eine schreckliche B-Hollywood-Sexklamotte, ist tatsächlich eine zarte, gemächlich erzählte und sich in japanischer Zurückhaltung übende Liebesgeschichte: Das Mauerblümchen Kumiko und der vergleichsweise (!) forsche Kenichi lernen sich als Studenten kennen. Schnell verlieben sie sich. Aber es gibt ein Problem: Sie können keinen Sex haben, ihre Geschlechtsorgane scheinen – mehr Details gibt es nicht – inkompatibel. Die Serie folgt den beiden, wie sie zärtlich die anderen Seiten ihrer Beziehung pflegen, immer wieder erwartungsvoll die gemeinsame Matratze auf den Tatami-Boden rollen – und immer wieder am selben Problem scheitern. Eine leise Abhandlung über sexuelle Probleme, Missverständnisse und sozialen Druck – und ein faszinierender Blick auf die verschämtesten Seiten der japanischen Gesellschaft. (kanu)

Quicksand

Amok-Krimi um reiche Teenies
Zu sehen auf Netflix

Maja sitzt in Einzelhaft. Die 18-Jährige wird beschuldigt, ihre Schulfreunde erschossen zu haben. Die Indizien sind eindeutig. Doch: Maja kann sich nicht erinnern. „Quicksand – Im Traum kannst du nicht lügen“, basierend auf einem schwedischen Erfolgskrimi, enthüllt nach und nach in Rückblenden, was passiert ist. Es geht um wohlstandsverwöhnte Kinder, die sich „seit Generationen“ kennen und überzeugt sind, nicht nur ihr schicker Stockholmer Vorort drehe sich um sie allein, um ihre ungesunden Beziehungen und Exzesse. (kanu)

Hanna

Ein Mädchen als Kampfmaschine
Zu sehen auf Amazon

Ein Mädchen rennt durch einen unwirtlichen Wald, es ist eins mit der Natur, es jagt. Völlig isoliert ist es hier aufgewachsen, hauste 15 Jahre lang mit seinem Vater in einer Höhle. Es ist natürlich kein gewöhnliches Mädchen, aber was genau Hanna besonders macht, ist lang unklar. Ihr Vater, ein ehemaliger CIA-Agent, verwehrt ihr die Welt hinter dem Wald. Er hat Hanna zu einer Kampfmaschine ausgebildet.
Die Welt kippt für dieses Mädchen, von Esme Creed-Miles so zerbrechlich wie brutal gespielt, als eine zwielichtige Geheimagentin von ihrer Existenz erfährt. Eine gefährliche Frau, die sie schon als Baby töten wollte. Es beginnt eine Verfolgungsjagd von Rumänien über Marokko und England nach Berlin. Hier entwickelt die Serie, eine Filmadaption, einige Längen. Hanna reist mit einer Familie, auf die sie zufällig in der Wüste stößt, sie lernt das „normale“ Leben kennen. Tanzen, Handys, ein wenig Sex und Verliebtsein, bittere Wahrheiten und die Abnabelung vom Vater: Das Coming-of-Age-Thema wird hier zentral. Die Amazon-Serie von David Farr („The Night Manager“) beschäftigt sich streckenweise zu viel mit Hannas Entwicklung, hat aber durchaus Potenzial. Nicht zuletzt wegen der überzeugenden Besetzung. (rovi)

Osmosis

Technik und Liebe
Zu sehen auf Netflix

Die erste französische Netflix-Eigenproduktion war ein Desaster: Groß aufgezogen, mit Marseille als Schauplatz und Gérard Depardieu in der Hauptrolle – aber leider einer allzu hanebüchenen Geschichte: Da entpuppt sich der Kontrahent des Bürgermeisters als dessen illegitimer Sohn! Der zweite Versuch klappt viel, viel besser. „Osmosis“ spielt im Paris der nahen Zukunft, wo ein technikbegeistertes Geschwisterpaar ein umstrittenes Projekt verfolgt. Ein Chip soll Menschen helfen, ihre wahre Liebe zu finden – wie genau, bleibt unklar, irgendwie dürfte der Chip sämtliche online verfügbaren Informationen mit den physiologischen Daten abgleichen.

In der Folge wird geliebt, was das Zeug hält, mit oder ohne Chip, der Fitnesstrainer hat nur noch Augen für die unsportliche Leseratte, den glücklich mit einem Koch liierten Gärtner trifft der Schlag, wenn er seinen Ex trifft, und der pornosüchtige Jugendliche tollt mit seiner Angebeteten im Brunnen herum. So weit, so herzerwärmend, aber dann wird alles kompliziert, weil Liebe halt nicht nur super ist, das Geschwisterpaar selber von emotionalen Nöten gebeutelt wird und sich der Computer, der den Chip steuert, auch noch verliebt. Spannend. (best)

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