Im Kino: Der Dichter benutzt die Holde nur

Der junge Dichter Edmond Rostand (Thomas Solivérès, Mitte) soll nach einem Flop einen rettenden Bühnenhit liefern. Schauspieler und Theaterregisseur Alexis Michalik erzählt die fiktive Entstehungsgeschichte von „Cyrano de Bergerac“.
Der junge Dichter Edmond Rostand (Thomas Solivérès, Mitte) soll nach einem Flop einen rettenden Bühnenhit liefern. Schauspieler und Theaterregisseur Alexis Michalik erzählt die fiktive Entstehungsgeschichte von „Cyrano de Bergerac“. (c) Filmladen
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Die französische Komödie „Vorhang auf für Cyrano“ erzählt die frei erfundene Geschichte eines Theaterhits. Ein bisschen zu atemlos, aber durchaus amüsant.

So ein Desaster! Da hat es die berühmte Schauspielerin Sarah Bernhardt übernommen, die Verse des jungen Dichters zu rezitieren, ganz Paris ist gekommen, um der Premiere beizuwohnen – doch dann verlassen die Kritiker schon nach dem ersten Akt ihre Logen, und ein Teil des Publikums folgt ihnen auf dem Fuße. Nein, das neue Stück Edmond Rostands ist durchgefallen, das weiß er selbst, das weiß auch seine Frau, die bei aller Liebe kein gutes Wort über das Werk verliert. „Es war...“, sagt sie, stockt und wiederholt: „Ja, es war.“ Und wir, vor der Kinoleinwand, können ihr nur recht geben. Wem sollen diese überspannten Verse gefallen, noch dazu in so pathetischem Ton deklamiert?

Das ist der Ausgangspunkt des Films „Vorhang auf für Cyrano“, der erzählt, wie Edmond Rostand, der Autor der erfolglosen „Fernen Prinzessin“, zum Autor von „Cyrano de Bergerac“ wurde, einem der größten Erfolge der Theatergeschichte, über den unsterblich in die unerreichbare Roxane verliebten Dichter mit der großen Nase. Und ab da – also nach den ersten zehn Minuten – glaubt man am besten gar nichts mehr. Denn Regisseur und Drehbuchautor Alexis Michalik hat sich – von „Shakespeare in Love“ inspiriert – jede erdenkliche Freiheit genommen und auf die historische Wahrheit gepfiffen. Er erzählt uns seine eigene Geschichte.

Sein Cyrano, das ist der schüchterne Rostand (Thomas Solivérès). Cyranos Konkurrent Christian, das ist dessen hübscher Freund Leonidas (Tom Leeb). Und seine Roxane ist die junge Garderobiere Jeanne (Lucie Boujenah), die einerseits in den hübschen Freund verliebt ist, andererseits Gefallen an Edmonds hochgestochenen Versen findet. Wie im Stück finden sich die Freunde unter dem Balkon der Angebeteten wieder, wie im Stück flüstert der Dichter dem schönen Konkurrenten die richtigen Worte ein, damit der bei der Angebeteten lande. Und ebenfalls wie im Stück folgt dann ein reger Briefverkehr.

Klapptüren fliegen auf und zu

Nur dass der Dichter im Film keine riesige Nase hat. Und auch nicht wirklich in die Holde verliebt ist. Er verwendet sie vielmehr. Alles, was sie ihm auf seine unter falschem Namen geschriebenen Briefe antwortet, landet ein zu eins im Stück. In dem sie dann auch noch die Hauptrolle spielen wird, aber das ist eine andere Geschichte.

Es gibt eine Menge anderer Geschichten in diesem Film: die des bekannten Schauspielers (mit der nötigen Liebe zur Outrage: Olivier Gourmet), der rasch einen Erfolg braucht, weil er von der Mafia bedroht wird. Die des unsicheren Schauspielersohnes, der Konditor werden möchte. Des Stückeschreibers Feydeau, der hier im Film ein eitler Geck ist. Man muss sich schon gut konzentrieren, um da nicht den Überblick zu verlieren. Zumal sich Michalik, der vom Theater kommt, nicht gerade viel Zeit lässt. Er hastet, ganz im Komödienfuror, von Szene zu Szene. Klapptüren fliegen auf und wieder zu, Schauspieler verschwinden und tauchen wieder auf, und irgendwann stehen gleich drei Verehrer vor Jeannes Tür. So atemlos erzählt ist diese Geschichte, dass für Emotionen gar keine Zeit bleibt. Oder für Charakterzeichnung. Oder für die Liebe.

Die Figuren in diesem Film – sie bleiben Diener der Story. Die dazwischen sehr amüsant ist und eine berührende Szene auf der Bühne bietet. Ein wenig fiebert man dann doch mit Edmond Rostand mit, wenn am Ende, nach wenigen Wochen Probezeit, „Cyrano de Bergerac“ Premiere hat. Werden die Leute das Stück mögen? Werden sie lachen?

Wir wissen, wie die Sache ausgegangen ist: Die Leute haben gelacht, und wie. Sie haben das Stück geliebt, und wie. Ein ganz so großer Erfolg wird dieser Film sicher nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.04.2019)

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