Doris Day: Sie war der Frohsinn der Fünfzigerjahre

Doris Day war die „Sauberfrau“, die in der Nachkriegszeit das Bild der USA in der Welt prägte. Besonders beliebt waren ihre familienfreundlichen Filme mit Rock Hudson wie „Bettgeflüster“. Day starb mit 97.
Doris Day war die „Sauberfrau“, die in der Nachkriegszeit das Bild der USA in der Welt prägte. Besonders beliebt waren ihre familienfreundlichen Filme mit Rock Hudson wie „Bettgeflüster“. Day starb mit 97. (c) Getty Images (Hulton Archive)
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Doris Day ist mit 97 Jahren gestorben. Sie glänzte vor allem als Partnerin Rock Hudsons in Komödien wie „Bettgeflüster“. Hollywood positionierte sie als Kontrast zum Vamp. Fast so bekannt wie als Schauspielerin war Day als Sängerin.

„Que Sera, Sera“, dieser Ohrwurm über das Etwas am Leben, das immer vage und unsicher bleibt, wird für alle Zeiten mit Doris Day verbunden bleiben. Sie verbreitete ein Bild von Amerika und von der Amerikanerin, wie man sie sich vorstellte: Blonde Haare, einen Bob würde man die Frisur heute nennen, blaue Augen und immer ein Lächeln mit strahlend weißen Zähnen auf den Lippen. Solche Zähne hat heute schon jeder, der es sich leisten kann. Aber damals waren sie etwas Besonderes, so gesund, so regelmäßig (Jacketkronen?), die Lippen leicht geöffnet und nicht aufgespritzt zum Schmollmund.

Doris Day hatte diesen Gesichtsausdruck, der sie berühmt machte, noch in späten Jahren − und auch den Bob mit den flott aufgezwirbelten Fransen. Sie sah mehr schelmisch als verführerisch drein, Mädchen durften nicht zu frivol oder gar einladend wirken, das war zumindest Doris Days Format, das Girl von nebenan, die Hausfrau zum Pferdestehlen, ein Hollywoodstar, nur zufällig. Tatsächlich begann die Karriere der 1922 in Ohio geborenen Tochter eines Musiklehrers − die Familie stammte aus Deutschland − recht früh.

Doris Mary Ann Kappelhoff, wie ihr bürgerlicher Name lautete, wollte ursprünglich Tänzerin werden, bei einem Autounfall brach sie sich jedoch das Bein. Als Sängerin trat sie zunächst in Big Bands auf, dann in Musicals in Hollywood. Day war bereits eine beliebte Entertainerin, als Warner Brothers sie 1947 unter Vertrag nahm. Sie war sozusagen das ideale Gegenstück zur verruchten, gefährlichen Marlene Dietrich und anderen Vamps. Days ideologische Wirkung war freilich in gewisser Weise weitreichender als jene ihrer verführerischen Kolleginnen, sie wurde ein Symbol des Frohsinns der Fünfziger, der zwar angesichts des Kalten Krieges eine Schimäre war, aber umso schöner war die Illusion von einem anständigen, ernsthaft die Welt verbessernden Amerika.

Den Durchbruch verschafften Day familienfreundliche Komödien mit Rock Hudson, in denen sie sich als „Sauberfrau“ profilierte. Hudson war homosexuell, das durfte damals niemand wissen, der Star ging an seinem Doppelleben nicht nur seelisch beinahe zugrunde, er starb an Aids. „Schöner fremder Mann“ heißt eine berührende und erschütternde Doku über dieses Dasein in der typischen Schere zwischen Glamour und Drama. „Bettgeflüster“ lautet der Titel eines der bezaubernden Komödienklassiker von Day und Hudson aus dem Jahr 1959: Innenarchitektin Jan und Komponist Brad teilen sich einen Telefonanschluss, der Komponist ist ein Filou, einer von der Sorte „Ich nenne alle Frauen Baby“. Seine Eroberungen kann sich der Knabe schon bald nicht mehr merken, seine Flirterei ärgert Jan, die unfreiwillige Zeugin seines fernmündlichen Schmachtens wird. Eines Tages sieht Brad Jan in einem Nachtclub, natürlich weiß er nicht, dass sie die grantige, unfreiwillige Belauscherin seiner Telefonate ist .

Bevor sie sich der leichten Muse ergab, was ihr, wie sie in einem ihrer seltenen Interviews betonte, „einfach großen Spaß gemacht hat“, drehte Day mit James Cagney „Tyrannische Liebe“ über die tragische Lebensgeschichte der Sängerin Ruth Etting und mit Hitchcock (und James Stewart) „Der Mann, der zu viel wusste“ − aus diesem Thriller stammt das flotte Liedchen „Que Sera“.

Mehr als „blondes Gift“

Auf „Bettgeflüster“ folgten die verwandten Lustspiele „Ein Pyjama für zwei“ und „Schick mir keine Blumen“. Day hatte aber auch andere prominente Filmpartner als Hudson, darunter James Garner, Ronald Reagan, Cary Grant oder Frank Sinatra. Day war eine der beliebtesten Schauspielerinnen der USA, sie versprach ihrem Publikum, dass Sex-Appeal und Seriosität vereinbar sind. In manchen ihrer Filme verwies sie auf die berufstätige Frau von heute. Insofern war sie mehr als „blondes Gift“, wie man das damals nannte, sie bediente bereits das Format der selbstständigen Frau, im Kontrast zu einem Typus wie Marilyn Monroe. Days eigene Ehen hielten nur kurz. In den Sechzigerjahren erlebte sie einen Karriereknick und verlor ihr Vermögen durch Berater.

Von 1968 bis 1973 drehte sie die erfolgreiche TV-Sitcom „The Doris Day Show“, die wöchentlich 20 Millionen Zuschauer sahen. Nach dem Scheitern ihrer vierten Ehe wandte sich Day dem Tierschutz zu, die Talkshow „Doris Day's Best Friends“ handelt von ihrer Tierliebe. 2011 erschien ihr Album „My Heart“, das es auf Anhieb in die Top Ten schaffte. Ihr Nimbus blieb ungebrochen. Mit 97 ist diese ungetrübt viel Geliebte an einer Lungenentzündung gestorben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.05.2019)

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