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Wunder und Schauder des Lesens: Die besten Filme über Bücher auf Netflix, Amazon & Co.

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Eine Analphabetin als KZ-Aufseherin, eine Idealistin gegen die elitäre britische Society, ein Lehrer und seine Schüler, ferner Fantasy-Stoff: Fünf sehenswerte Filme (und Serien!) über Bücher, aus Anlass des Ingeborg-Bachmann-Wettbewerbs.

Der Vorleser

Von Stephen Daldry, 2008
Zu sehen auf Netflix und Sky

Deutschland 1958: Michael (15) erbricht sich auf der Straße. Hanna (36), eine Straßenbahnschaffnerin, bringt ihn nach Hause. Nachdem Michael genesen ist, will er sich mit einem Blumenstrauß bedanken. Zwischen den beiden entspinnt sich eine Romanze. Michael liest Hanna Weltliteratur vor. Danach haben sie Sex. Für Michael ist es die erste Liebe. Doch Hanna hat eine düstere Vergangenheit. Eines Tages ist sie verschwunden. Im Gerichtssaal begegnet ihr Michael, mittlerweile Jus-Student, wieder. Hanna war Aufseherin in einem KZ und an einem grausamen Verbrechen bei den Todesmärschen zu Kriegsende beteiligt. Das Buch „Die Vorleserin“ (1995) von Bernhard Schlink wurde ein internationaler Bestseller, doch gab es darum heftige Debatten. Wollte Schlink Hanna entlasten, weil sie eine Analphabetin war? Die moralische Seite mag auch die Betrachter des Films mit Kate Winslet als Hanna und David Kross als jungem Michael interessieren. Den erwachsenen Michael spielt Ralph Fiennes. Es wurde immer wieder vermutet, dass „Der Vorleser“ einen biografischen Hintergrund hat, Schlink, geboren 1944, lehrte Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie in Frankfurt, Berlin. Nach seiner Emeritierung wandte er sich der Schriftstellerei zu.

Der Buchladen der Florence Green

Von Isabel Coixet, 2017
Zu sehen auf Amazon Prime

Ende der 1950er Jahre zieht die junge Witwe Florence Green nach Hardborough im Osten Englands, um sich einen Traum zu erfüllen: Sie eröffnet einen Buchladen. Nach anfänglicher Skepsis strömen die Leser herbei, Florence engagiert eine junge Helferin, doch deren Mutter ist nicht begeistert. Bald beginnt auch die mächtige Mäzenin Mrs. Gamart gegen Florence zu intrigieren. Der liebevoll ausgemalte Genre-Film zeigt die Macht der hermetischen und arroganten britischen Oberschicht der damaligen Zeit und man fragt sich, ob sich da so viel geändert hat seither auf der Insel.

Die unendliche Geschichte

Von Wolfgang Petersen, 1984
Zu sehen z. B. auf Amazon (Leihen ab 2,99 Euro)

Bastian wird von seinen Klassenkameraden schikaniert (Mobbing gab es anscheinend immer schon). Eines Tages flüchtet er sich in das Antiquariat von Karl Konrad Koreander und entdeckt dort ein geheimnisvolles Buch, „Die unendliche Geschichte“. Koreander warnt ihn vor dem Roman. Was tun Kinder in solchen Fällen? Sie wollen das Buch lesen. Bastian stiehlt es und versteckt sich auf dem Dachboden. Die „Unendliche Geschichte“ führt Bastian ins Land Phantásien (sic!), wo er den jungen Krieger Atreju kennenlernt, der sein Alter ego ist. Michael Ende (1929-1995) war ein Fantasy-Pionier mit echter Fantasie, was man nicht von allen Fantasy-Schmieden behaupten kann. Bekannte Bücher Endes sind „Momo“ oder „Jim Knopf“, seine Werke sind längst Klassiker. Wolfgang Petersens Film (von dem sich Ende einst distanziert hatte) wurde in optisch überaus eindrucksvoller Weise – wenn man diese Art von perfekter Simulation mag – neu bearbeitet.

Der Club der toten Dichter

Von Peter Weir, 1989
Zu sehen z. B. auf Amazon (Leihen ab 2,99 Euro)

Todd Anderson, der sich im konservativen Welton-Internat nicht wohl fühlt, trifft auf den Lehrer John Keating (Robin Williams). Dieser ermutigt die Klasse, sich Literatur selbstständig anzueignen – so wie er das einst als Schüler tat mit Freunden im „Club der toten Dichter“. Dieser tagte in einer Höhle und beschäftigte sich mit Shakespeare, Henry David Thoreau, Walt Whitman. Einer von Andersons Klassenkameraden, Neil Perry, spielt auf Keatings Anregung den Puck im „Sommernachtstraum“, doch sein Vater will ihn auf die Militärakademie verfrachten.

Der Name der Rose

Eine Staffel, 2019
Zu sehen auf Sky

Der Bücherfilm der Bücherfilme ist und bleibt „Der Name der Rose“, die erste Verfilmung von Jean-Jacques Annaud mit Sean Connery, F. Murray Abraham und Helmut Qualtinger kam 1986 heraus, auf Amazon kann man sie leihen. Für die RAI drehte Giacomo Battiato eine Serie über Umberto Ecos monumentalen Kloster-Krimi, die auch im Streaming angekommen ist: Der Mönch William von Baskerville (John Turturro) und ein Novize (Damian Hardung, der auch in der Serie „How to Sell Drugs Online (Fast)“ auf Netflix zu sehen ist) reisen in ein Kloster in den Alpen, das eine berühmte Bibliothek hat. Als sie ankommen, werden sie mit grausamen Morden konfrontiert. Die neue Serie betont die Kämpfe in der Kirche, genauer zwischen den (auf Armut besonderen Wert legenden) Franziskanern und dem Vatikan, stärker als das Buch. Umberto Eco (1932-2016) sollte Rechtsanwalt werden, studierte aber Philosophie und Literaturgeschichte. Er war einer der bekanntesten Semiotiker und Universitätsprofessor. „Der Name der Rose“ ist wie andere Bücher („Das Foucaultsche Pendel“) eine Fundgrube der europäischen Geistesgeschichte. Das gilt durchaus auch für die Filme, die indes leichter zu konsumieren sind.

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