Filmpremiere: Woody Allen, New Yorker in Rom

(c) AP (Philippe Antonello)
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Die neue Komödie „To Rome with Love" punktet mit Situationskomik, lässt die jungen Hollywood-Stars aber erstaunlich alt aussehen.

Es war nur eine Frage der Zeit, bis Woody Allen eines seiner „Summer Projects" nach Rom führen würde. Wenn es eine perfekte Kulisse für einen locker-flockigen Episodenfilm gibt, dann wohl die Ewige Stadt. Allen folgt den europäischen Einladungen, die ihn nach England („Match Point", 2005), Spanien („Vicky Christina Barcelona", 2008) und Frankreich („Midnight in Paris", 2011) geführt haben, gern. Er lässt sich von der Stadt Film und Aufenthalt teilfinanzieren und bietet den Gastgebern im Gegenzug feinstes Product Placement.
Auch diesmal versammelt Woody Allen eine illustre Riege von Schauspielern und spielt auch selbst wieder mit: Als pensionierter Opernregisseur aus New York, der mit seiner Frau (Judy Davis) nach Rom reist, um die Familie seines künftigen Schwiegersohnes (Flavio Parenti) kennenzulernen, gibt er den üblichen misanthropischen und zugleich liebenswürdigen Grantler.

Signore mag sein Brot gern getoastet

Roberto Benigni ist unbezahlbar als kreuzbraver Beamter Leopoldo Pisarelli, der gar nicht weiß, wie ihm geschieht, als er plötzlich zur Berühmtheit wird und sich vor Paparazzi gar nicht mehr retten kann. Mag sein, dass sich Allen hier ein Augenzwinkern in Richtung „La Dolce Vita" geleistet hat. Immerhin ist der Spitzname, den Fellini der Figur des aufdringlichen römischen Fotografen gab, „Paparazzo", zum Wort für eine ganze Berufsgruppe geworden. Nur dass bei Woody Allen nicht die dralle Anita Ekberg im Trevi-Brunnen planscht, sondern ein linkischer Allerweltsmann zum Objekt der Blitzlichtbegierde wird. Dieser erklärt den Reportern mit gewohnt Benigni'scher Gestenvielfalt, was er so alles gefrühstückt hat, um dann entgeistert die Sensationsmeldung des Tages zur Kenntnis zu nehmen: Signore Pisarelli mag sein Brot gern getoastet! In diesen mit dem Absurden flirtenden Momenten liegt die Stärke des Films

Apropos Flirt: Da geht in „To Rome with Love" so einiges daneben. Zwar sind diverse Liebeswirren der rote Faden, der sich durch die Episoden zieht, aber gerade die jungen Star-Eleven aus Hollywood erweisen sich als die blutleersten Protagonisten. Das mag an Allens biederem Zugang liegen, der vermutlich dem Produzentenwunsch geschuldet ist, den Film jugendfrei zu halten. So abgedroschene Bilder wie ein wackelndes Auto, wenn's zur Sache geht, müssen aber auch nicht sein. Man nimmt weder Allen Page (dem schwangeren Teenager aus „Juno") die Rolle der männerfressenden pseudointellektuellen Femme fatale ab, noch kann Jesse Eisenberg als schmachtender Verführter wider Willen ganz sein Nerd-Image aus „The Social Network" abschütteln. Man würde sich wenigstens einen Bruchteil der Chemie herbeiwünschen, mit der Scarlett Johansson und Jonathan Rhys Meyers in „Matchpoint" die Leinwand erhitzten.


An der kultivierten Langeweile können auch die sarkastischen Zwischenrufe des als Freud'sches Über-Ich agierenden Alec Baldwin nichts ändern.

Nicht ganz taufrisch, aber immerhin unterhaltsam ist hingegen die Idee, ein leichtes Mädchen (Penelope Cruz) und ein biederes Landei, das kurz vor der Heirat steht, (Alessandro Tiberi) zusammenzuspannen, Aufmischung der gutbürgerlichen Familie inklusive. Wie Cruz ihre Figur Anna reagieren lässt, als diese erfährt, dass sie sich als die Landpomeranze Milly ausgeben soll - „Milly?!" - verrät durchaus komisches Potenzial.

Italo-Barde unter der Dusche

Der beste Witz des Films ergibt sich aus dieser Konstellation: Abgehalfterter, pensionierter Opernregisseur (Allen) trifft italienisches Gesangswunder in Gestalt eines Bestattungsunternehmers (der Tenor Fabio Armiliato in seiner ersten Filmrolle). Dessen Talent kann sich aber nur unter der Dusche so richtig entfalten. Um dem Barden doch seinen Opernauftritt zu ermöglichen, nimmt der von einem Comeback besessene Regisseur ganz nach dem Motto „Berg zum Propheten" ein eher ungewöhnliches Requisit zu Hilfe. Nur der Umstand, dass Allens Film-Alter-Ego kein Italienisch kann, rettet das Happy End. Es wird nämlich von der Kritik als „imbecille" (Vollidiot) bezeichnet. So etwas Untergriffiges würde sich ein echter Kritiker Woody Allen gegenüber wohl nicht erlauben.

Allen ist ohnehin ein Meister der genüsslichen Selbstdemontage. Man kann „To Rome with Love" natürlich als einen einmal mehr allzu lauen Aufguss früherer Glanzstücke betrachten. Das Prädikat locker-flockig hat sich Allen aber verdient.

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