„After Earth“: Science-Fiction oder Scientology?

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After Earthl(C) Sony
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Will Smiths futuristisches Herzensprojekt ist nicht Propaganda für die Lehren von L. Ron Hubbard, sondern eine kosmische Familientherapie voller Klischees.

Ist Will Smiths Science-Fiction-Herzensprojekt „After Earth“ Scientology-Propaganda – oder doch nur eine futuristische Schreckensvision über intergalaktische Handy-Empfangsprobleme? Es ist jedenfalls ein Familienfilm und ein vanity project, wie man im Englischen zu eitlen Ego-Auswüchsen von Stars sagt: Smith spielt die Hauptrolle, hat mitproduziert und zeichnet für die grundlegende Geschichte des Films. Interessanterweise verbringt er aber den Großteil der Handlung damit, untätig herumzuliegen und seinem Sohn per Zukunftskommunikation Anweisungen auf dessen gefährlichem Rettungsmarsch zu geben. Dass der Filmjunior von Will Smiths Sohn Jaden gespielt wird, rundet das familiäre Bild ab: Vielleicht ist „After Earth“ einfach eine Parabel darüber, wie ein Hollywoodstar seinem Sohn Lektionen für die Karriere mitgibt.

Aber der Reihe nach: Die Großproduktion „After Earth“ startet am Freitag in Europa, nachdem sie in den USA letzte Woche eher erfolglos anlief. Dafür gab es Vorwürfe, der Film verbreite die Lehren von Scientology-Gründer L.Ron Hubbard. Dabei ist Will Smith im Gegensatz zum Kollegen Tom Cruise kein offizieller Scientology-Vorkämpfer: Smith hat sich nie zu der umstrittenen religiösen Gruppierung bekannt, sie aber mit größeren Geldsummen unterstützt.

In den USA ist Scientology nach langem Rechtsstreit als (steuerbefreite) Religionsgemeinschaft anerkannt, in Europa herrscht Skepsis: Gerade bei Cruise gab es oft Debatten – transportieren seine Filme Hubbard-Botschaften? Doch Unmengen von esoterischem Gewäsch wie im letzten Cruise-Vehikel „Oblivion“ machen noch keinen Scientology-Film. Den hat ein anderer Star-Scientologe, John Travolta, versucht: Sein Eitelkeitsprojekt „Battlefield Earth“ (2000) nach einem Science-Fiction-Epos von Hubbard war aber ein berüchtigter Flop und erfreute nur Anhänger von unfreiwilliger Komik.

Hubbard hat als Fantasy-Autor den Vorbau zu seinen Scientology-Ideen geliefert, daher besteht ein Nahverhältnis zwischen Genre-Standardsituationen und seinen Thesen. Und „After Earth“ ist so eine Ansammlung von Science-Fiction-Klischees, gekreuzt mit kosmischer Familientherapie.

Die Überwindung der Angst predigen

Will Smith spielt ermüdend stoisch den Vorzeige-General der zukünftigen Menschheit, die nach dem Ruin der Erde auf einen anderen Planeten ging. Die Erzfeinde sind blinde Monster, die Angst riechen: Der General hat alle Furcht überwunden und ist für sie ein unbezwingbarer Gegner. Sein ebenso ausdrucksloser Teenager-Sohn leidet aber an einem Monstertrauma, daraus bedingten Aufstiegsproblemen in der Kriegerkaste – und der Entfremdung vom harten und dienstlich ständig abwesenden Papa.

Bis zum gemeinsamen Schiffbruch auf der alten Erde: Um ein interplanetarisches Notsignal zu schicken, macht sich das Kind auf den Weg durch die Wildnis. Ein entlaufenes Monster lauert auch. „Die Angst ist nicht real“, warnt der verletzt zurückbleibende General auf Juniors Unterärmel-Bildschirm: „Gefahr ist real. Aber Angst ist eine Wahl.“

Einige US-Kritiker sahen da Parallelen zur Hubbards Grundlagentext „Dianetics“, in dem die Überwindung von Ängsten wichtig ist. Und die Vater-Sohn-Kommunikation erinnere an die zur Seelenreinigung dienende Scientology-Gesprächspraxis „Auditing“. Das Fachblatt „Hollywood Reporter“ brachte neben dem hauseigenen Verriss („enttäuschend“) die Gastkritik eines abgefallenen Scientologen: Der sah in der Anti-Angst-Botschaft und anderen Sätzen wie „Be in the present moment!“ pure Hubbard-Lehre. Und entspreche der Vulkan im Film nicht demjenigen auf dem Umschlag von „Dianetics“?

Dieses Vulkanbild kam aber erst auf späteren Auflagen, merkt ein anderer Scientology-Experte und -Kritiker an, den der Blog „Gawker“ zum Film befragte. Sein schnödes Urteil: „a shitty movie“ – aber keine Scientology-Propaganda. Überwindung von Angst im Angesicht der Gefahr sei ein 08/15-Bauteil aller Kriegermythen, die verlassene Erde entspreche weniger Hubbards „Xenu-Mythos“ (siehe unten) als Einheitsapokalyptik.

Selbst das Monstertrauma des Sohns sei Handlungskonvention und nicht eines der unbewusst gespeicherten Schmerz-„Engramme“, von denen sich Scientologen befreien wollen. Im Übrigen seien andere, religiös unverdächtige Logiklücken des Films viel unglaublicher. Eigentlich ideal für den Regisseur: Absurditäten-Auteur M.Night Shyamalan („The Sixth Sense“) ist hier reiner Auftragsarbeiter, steuert aber Typisches bei – ein paar gelungene Bilder und prätentiöse Langsamkeit. Was angelegentlich für unfreiwillige Komik sorgt. Aber so lustig wie in „Battlefield Earth“ wird es nie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.06.2013)

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