Schlosstheater Laxenburg: Così fan tutte? Nein, nicht alle!

Authentische Theaterbedingungen: „Così fan tutte“ in Laxenburg.
Authentische Theaterbedingungen: „Così fan tutte“ in Laxenburg.(c) Barbara Palffy
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In der zweiten Saison des Festivals Teatro Barocco präsentiert Bernd Bienert wieder einen Mozart-Klassiker im neuen alten Gewand.

Aufgrund des überraschenden Todes von Kaiser Josef II. kurz nach der Uraufführung im alten Wiener Burgtheater gelangte „Così fan tutte“, anders als „Le nozze di Figaro“, zu Mozarts Lebzeiten in Laxenburg nicht mehr zur Aufführung. Heute führt das Teatro Barocco dort konsequent weiter, was durch die mittlerweile zum State of the Art gewordene historische Aufführungspraxis in Gang gesetzt wurde.

Im Gegensatz zur Originalklangbewegung, deren Beweislage nicht immer einfach und eindeutig ist, passt Bienert die Bewegungsregie den vielen erhaltenen Bildquellen von Theateraufführungen der Entstehungszeit an. Von der schummrigen, nur von der Seite und von unten kommenden Bühnenbeleuchtung über die rasch nach den Seiten beweglichen, zweidimensionalen Bühnenelemente bis zum historischen Korsett aus der Sammlung Tostmann: Wo möglich und logisch, wird auf modernes Theaterequipment verzichtet, um sich den Vorstellungen aus alten Zeiten anzunähern. Und während andernorts szenische Freiheiten voll ausgekostet werden, hält es Bienert wohl mit Goethes Vers aus „Natur und Kunst“: „In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister.“

Der Anspruch, das Musiktheater ein Stück näher an die Aufführungspraxis des 18. Jahrhunderts zu bringen, bedeutet auch genaue Arbeit mit den Originalpartituren. Jede Anmerkung wurde hier wörtlich genommen. Da Mozart in seiner Partitur genau bezeichnete, wann ein Sänger die Bühne zu betreten und wann er sie wieder zu verlassen hat, herrschte auch kein Zweifel, welche Arien coram publico zu singen sind und welche tatsächlich Monologe sind.

Gewöhnen muss man sich daran, dass besonders im vorderen Teil der Bühne die Schatten der von unten kommenden Lichter die stark geschminkten Gesichter schauriger und maskenhafter aussehen lassen als auf anderen Opernbühnen. Die schlechtere Sichtbarkeit wird durch die ausdrucksstarke Gestik der Sänger kompensiert. Obwohl es selbstverständlich weder Über- noch Untertitel gibt, wird die Handlung in der Verschränkung mit Mozarts eindeutiger Musiksprache dank ausladender und symbolischer Bewegungen verständlich.

Temperamentvoll: Megan Kahts

Vor allem Megan Kahts trug mit ihrem Theatertemperament als Despina, aber auch mit deren näselnd-quäkenden Interpretationen des Wunderheilers (nach Vorbild des Wiener Arztes und Magnetisierers Franz Anton Mesmer) und des Notars zur mitreißenden Komik des Abends bei. Ihren altersweisen Gegenpart Don Alfonso ließ Wolfgang Holzmair als enthusiastischen Fädenzieher auftreten, der sichtlich den komödiantischen Fortgang der von ihm initiierten Treueprobe genoss. Weniger stimmig: Anne Wiebens Fiordiligi, die sich charakterlich zu wenig von der grundverschiedenen Schwester Dorabella (Guglielmo Christian Kotsis hat leichtes Spiel, Juliette Mars zu erobern) abhob. Dadurch war die später zögernde Haltung der Fiordiligi gegenüber Ferrando (Thomas Elwin) schwer nachzuvollziehen, kokettierte sie doch zuvor noch übertrieben leichtfüßig mit ihrem Verehrer.

In der Intimität des ehemaligen Hoftheaters blieben dem Publikum kein Ton und keine Regung verborgen. (Auch nicht der hartnäckige Schnarcher in der vierten Reihe.) So empfindet man auch die aus heutiger Sicht wohl drastisch reduziert zu nennende Orchesterbesetzung als völlig ausreichend: Jede Stimme ist nur einfach vertreten, und so zählte man samt Dirigent David Aronson am Hammerklavier lediglich zwölf Musiker. Daraus folgte, dass einerseits kleinere Fehler nicht kaschiert werden konnten, andererseits die einzelnen Instrumente mit ihren Klangfarben viel deutlicher heraustreten durften. Gelungen waren die Verzierungen der Oboe in der Ouvertüre, kernig trat die erste Violine hervor, und Aronson begleitete in den Rezitativen achtsam, ganz in Korrepetitormanier.

Kurzum: So wie das Teatro Barocco machen's nicht alle. Der Anspruch, möglichst authentische Theaterbedingungen zu schaffen, die gewissenhaft recherchierten Fakten und die aufwendige Liebe zum Detail machen diese Produktion besonders wertvoll.

Weitere Termine: 11., 12., 14., 16., 18. und 19. März

ZUM ORT

Der Schlosspark Laxenburg stammt aus dem 13. Jahrhundert, im 14. kam er an die Habsburger. Unter Leopold I. (1640–1705) wurde das Jagdschloss renoviert und barockisiert. Das Neue Schloss (Blauer Hof) kam erst 1762 in den Besitz Maria Theresias, Hofarchitekt Nikolaus Pacassi errichtete den Speisesaaltrakt und das Schlosstheater, wo 1786 Mozarts „Le nozze di Figaro“ erstmals außerhalb von Wien aufgeführt wurde. Heute wird es vor allem als Konferenzzentrum des Internationalen Instituts für Angewandte Systemanalyse (IIASA) genutzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.03.2017)

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