Politische Anklage? Eher Passionsmusik!

(c) Wiener Konzerthaus
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Henzes Oratorium „Floß der Medusa“ bei Wien modern im Konzerthaus.

Die rote Fahne am Podium hat gefehlt: Sie hätte jener Richtung der historischen Aufführungspraxis Genüge getan, bei der die Uraufführungsumstände rekonstruiert werden sollen. (Wobei damals, 1968 in Hamburg, die Uraufführung gar nicht stattfand, gerade weil die rote Fahne zum Eklat führte.) Aber in der aktuellen Interpretation von Hans Werner Henzes „Das Floß der Medusa“ galt eine andere, wichtigere Maxime der Werktreue: den Willen des Komponisten herauszuschälen und mit heutigen Mitteln möglichst packend darzulegen. Und das bescherte diesem Eröffnungskonzert von Wien Modern zuletzt wahre Gänsehautminuten.

Doch der Reihe nach: „Bilder im Kopf“ will das Festival heuer musikalisch erzeugen; Géricaults Gemälde „Le Radeau de la Méduse“ war eine Inspiration für Henze, der mit Librettist Ernst Schnabel die Tragik eines humanitären Skandals behandelt. Nach einem Schiffsunglück vor Westafrika 1817 retteten sich Kapitän und hochrangige Beamte, während sie 150 einfache Besatzungsmitglieder auf ein seeuntaugliches Floß zwangen und im Stich ließen: Nur 15 überlebten.

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