Schubert und Bartòk, im Kühlschrank deponiert

Die chinesische Pianistin Yuja Wang.
Die chinesische Pianistin Yuja Wang.(c) APA/AFP/FREDERIC J. BROWN
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Yuja Wang und Leonidas Kavakos spielten im Musikverein allzu korrekt.

„Ist ihr so warm?“, raunte es im Publikum. Ist es legitim, eine Konzertkritik mit einer Beschreibung der Kleidung der Solistin zu beginnen? Yuja Wang legt es aber darauf an. Ein lila Glitzerkleid mit weitem Rückenausschnitt im ersten, ein grün-braunes Pendant mit Dekolleté bis zum Nabel im zweiten. Musikalisch aber ging es im Goldenen Saal des Musikvereins am Sonntagabend keine Sekunde effekthascherisch, vielmehr kühl und korrekt zu. Die chinesische Pianistin und der Violinist Leonidas Kavakos wirkten vor allem bei Schuberts großer „Fantasie“ in C-Dur sehr brav, weitgehend wie nach Metronom gespielt. Einzig die kunstvollen Variationen des Schubert'schen Rückert-Liedes „Sei mir gegrüßt“ wurden ausgekostet, was Wangs perlende Läufe gut zur Geltung brachte. Wang setzte Tremoli besonders präzise, spielte die teils sehr raschen Abschnitte virtuos, aber fast schulmeisterlich. Kavakos wie sie sahen sich offensichtlich als Diener der Musik, stellten sich aber fast zu viel in den Hintergrund. Ein ähnliches Bild bei Janáčeks Sonate für Violine und Klavier: trocken und klar. Erst im Allegretto fiel Wang mit energischem Spiel auf, im Finale mit gefühlvoller Interpretation des schwermütigen Adagios.

Auch Debussys g-Moll-Sonate geriet weniger „appassionato“ als erwartet. Erst Bartòks Sonate Nr. 1 verführte Kavakos besonders im ersten Satz zu mehr Leidenschaft, sein Spiel wurde ausschwingender, gefühlsbetonter, blieb jedoch stets kontrolliert. Wang blieb selbst hier kühl, so präzise und technisch beeindruckend sie auch spielte. Zwiespältig reagierte das Publikum: Während einige den Saal schon in der Pause verlassen hatten oder ihn noch vor der Zugabe verließen, sah sich ein Billeteur sogar genötigt, die Zuhörer der vorderen Reihen zu bitten, für die Zugabe noch auf den Plätzen zu bleiben. Andererseits gab es von den Verbliebenen zahlreiche Bravo-Rufe und euphorischen Applaus. (tst)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2017)

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