Schumann mit zu wenig Poesie

Archivbild: Wiener Konzerthaus
Archivbild: Wiener Konzerthaus(c) Clemens Fabry
  • Drucken

Die Wiener Symphoniker unter Lahav Shani begleiteten Daniil Trifonov bei Schumann und widmeten sich Prokofjews Fünfter.

Erst auf Druck seines Verlegers entschloss sich Schumann, seine Fantasie für Klavier und Orchester zum dreisätzigen Klavierkonzert zu erweitern, das er selbst eine Mischung aus Symphonie, Konzert und großer Sonate nannte. Als Interpreten hatte er in erster Linie den gedankenvoll artikulierenden Musiker im Sinn, erst in zweiter den Virtuosen, so anspruchsvoll der Solopart auch ist.

Im Konzerthaus schien diese Reihenfolge umgekehrt, was vornehmlich am Orchester lag. Dirigent Lahav Shani ließ es namentlich in den Ecksätzen dynamisch so auftrumpfen, als gelte es, russischer Romantik zu besonderer Wirkung zu verhelfen. Auch Solist Daniil Trifonov fand mehr Gefallen an den virtuosen Passagen des Konzerts als an den poetischen Momenten. Was bei einem manuell so überragenden Pianisten zwar verständlich ist, aber doch überraschte. Vor allem wenn man erlebt hat, wie subtil er kürzlich im selben Ambiente Matthias Goerne bei Schumanns „Dichterliebe“ begleitet hat. Goerne versteht sich auf den charakteristischen Tonfall von Schumanns Musik eben ungleich besser als Shani. Dieser ließ schon im ersten Satz des Schumann-Konzerts keinen Zweifel, wie wenig er mit dessen poetischen Momenten anzufangen weiß. Ruhiger, vor allem entspannter hätte der von Energie berstende Shani die Musiker auch im Mittelsatz führen können. In diesem vertraute Trifonov seiner Fähigkeit für klangliche Differenziertheit und überlegte Phrasierung ungleich mehr als im ersten Satz. Rasant und temperamentvoll zog der Finalsatz vorüber. Dass sich darin auch Walzeranklänge finden, machten weder der Solist noch das Orchester deutlich.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.