Diese Christel von der Post weiß, wo's langgeht

Zellers „Vogelhändler“ beim Festival Langenlois auf Schloss Haindorf.

Lustig, vielleicht ein wenig überlustig ist der Zugang, den Regisseur Michael Scheidl für Carl Zellers „Vogelhändler“ gewählt hat. Bei ihm stürmen Chor- und Tanzensemble in permanenter Hektik als Society-Reporter und Paparazzi über die Bühne. Das gelingt ganz gut, aber mit ein bisschen zu viel Klamauk, verstärkt noch durch die grellen Kostüme. Die stimmige Kulisse von Schloss Haindorf schafft dennoch Atmosphäre.

Unumstrittener Mittelpunkt: Die Klagenfurterin Theresa Dittmar als Christel von der Post überzeugte mit klarer, angenehm timbrierter und sicher geführter Stimme, mit komödiantischem Instinkt und Spielfreudigkeit. Diese Christel weiß, wo's langgeht, laviert mit untrüglichem Gespür für die Wirkungsmacht holder Weiblichkeit zwischen ihrem Adam und Stanislaus – um schließlich doch den sturen Tiroler zu knacken.

Nach anfänglichen Irritationen war Jennifer Davison eine souveräne Kurfürstin, berührend sogar in ihrer Arie im dritten Akt. Oliver Ringelhahn scheint der Rolle des Adams schon entwachsen zu sein: Mit breiter Mittellage reüssierte er zwar in den heldischen Passagen, in den höheren Lagen wirkte die Stimme etwas inhomogen. Bassbariton Steven Scheschareg verlieh dem aus Übersee heimgekehrten Baron Weps mit übertrieben englischem Zungenschlag ein Übermaß an routinierter Komik. Gernot Heinrich als Stanislaus konzentrierte sich mehr auf die Darstellung als auf vokalen Wohlklang. Franziska Stanner hingegen dosierte die Pointen gut und gab eine köstlich skurrile Adelaide. Wirkungsvoll war auch der Auftritt von Branimir Agovi und Michael Weiland als schrulliges Professorenpärchen. Musikalische Qualität garantierte Andreas Stoehr, künstlerischer Leiter der Schlossfestspiele, an der Spitze des bestens disponierten Wiener Kammer-Orchesters.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.07.2018)

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