Thema Mythos: Was und wen die Salzburger Festspiele 2019 zeigen

Valery Tscheplanowa wird neue Buhlschaft - zu sehen war sie schon heuer bei den Festspielen, nämlich in der Tragödie "Die Perser" von Aischylos.
Valery Tscheplanowa wird neue Buhlschaft - zu sehen war sie schon heuer bei den Festspielen, nämlich in der Tragödie "Die Perser" von Aischylos. imago/Rudolf Gigler
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Die Festspiele nehmen antike Mythen in den Fokus, am Programm stehen etwa Mozarts "Idomeneo" oder Offenbachs "Orphee aux enfers". Die neue Buhlschaft: Valery Tscheplanowa.

Einen neuen Blick auf die antiken Mythen wollen die Salzburger Festspiele 2019 werfen, die von 20. Juli bis 31. August über die Bühne gehen. Diesen Roten Faden des Programms präsentierte am Mittwoch Intendant Markus Hinterhäuser in der Festspielstadt. Dazu hat man unter anderem fünf Opern- sowie vier Schauspielneuinszenierungen vorgesehen - und mit Valery Tscheplanowa eine neue Buhlschaft.

Das Thema des Mythos im kommenden Sommer sei für ihn der Abschluss einer Trilogie, die 2017 mit dem Überthema "Macht" und heuer mit "Passion" fortgeführt wurde, unterstrich Hinterhäuser: "Es geht darum, der Frage nachzugehen, ob Mythen in unserer Welt noch überhaupt einen Bestand haben." Das Thema Mythos überzeuge sie vollends für Salzburg, zeigte sich Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler erfreut: "Das passt sehr gut zu den Festspielen, die selbst ein Mythos sind." Für die neue Saison seien 61,76 Mio. Euro budgetiert, so die Präsidentin. Zu diesem Budget trägt die öffentliche Hand insgesamt 13,44 Mio. Euro bei. Für die 199 Aufführungen legt man 237.614 Karten mit einer Preisspanne zwischen 5 und 440 Euro auf.

Eröffnungspremiere: Mozarts "Idomeneo"

Die offizielle Eröffnungspremiere wird am 27. Juli in der Felsenreitschule Mozarts "Idomeneo" werden, für den das Regie/Dirigentenduo Peter Sellars und Teodor Currentzis wieder in Salzburg zusammenkommt. Ebenfalls in der Antike angesiedelt ist dann Luigi Cherubinis 1797 uraufgeführte "Medee", für die der Australier Simon Stone nach seinem umjubelten "Lear" aus 2017 zu den Festspielen zurückkehrt. Am 30. Juli hat das Stück im Großen Festspielhaus Premiere, wobei Thomas Hengelbrock die Wiener Philharmoniker dirigiert, während Sonya Yoncheva an der Spitze des Sängerensembles steht, in dem sich als Jason auch Pavel Cernoch findet.

Aus 1936 stammt George Enescus "Oedipe", der am 11. August Premiere in der Felsenreitschule feiert - für ihn eine der wesentlichen, wenn auch selten gespielten Opern des 20. Jahrhunderts, unterstrich Hinterhäuser. Altmeister Achim Freyer wird hier für Bühne und Regie verantwortlich zeichnen, während Neue-Musik-Spezialist Ingo Metzmacher die Wiener Philharmoniker im Graben dirigiert. Für die Titelpartie wurde Christopher Maltman gewonnen, dem sich unter anderen John Tomlinson (Tiresias), Brian Mulligan (Creon) und Vincent Ordonneau (Le Berger) beigesellen.

"All diese Themen brauchen auch eine Brechung", konstatierte Hinterhäuser. Und so lässt er Jacques Offenbach in seinem Operettenklassiker "Orphee aux enfers" (Orpheus in der Unterwelt) einen humorvolleren Blick auf die Antike werfen, der ab 14. August in der Regie des Intendanten der Komischen Oper Berlin, Barrie Kosky, zu sehen ist. Enrique Mazzola führt die Wiener Philharmoniker durch den Abend, für den Kathryn Lewek (Eurydice) und Joel Prieto (Orphee) einem Ensemble voranstehen, zu dem auch Größen wie Marcel Beekman (Aristee), Martin Winkler (Jupiter) und Anne Sofie von Otter (L'Opinion publique) gehören.

Zeitlich als einziges Werk aus dem Antikenkanon fällt schließlich Giuseppe Verdis dunkler "Simon Boccanegra", den Andreas Kriegenburg gestalten wird. Valery Gergiev dirigiert dabei die Wiener Philharmoniker, während als Sänger unter anderen Luca Salsi in der Titelrolle, Marina Rebeka (Amelia Grimaldi) und Rene Pape (Jacopo Fiesco) gehören.

Hinzu kommt im Opernbereich die mittlerweile traditionelle Wiederaufnahme von den Pfingstfestspielen, weshalb man Damiano Michielettos Inszenierung von Händels "Alcina" mit Cecilia Bartoli in der Titelrolle auch im Sommer sehen wird. Überdies ist es gelungen, die bereits legendäre "Salome" von Romeo Castellucci mit Asmik Grigorian in der Titelpartie von der heurigen Festspielausgabe für einige Termine neuerlich zu zeigen.

Und schließlich sind auch zwei konzertante Opern programmiert: In Francesco Cileas "Adriana Lecouvreur" ist wieder Anna Netrebko an der Seite ihres Gatten Yusif Eyvazov zu erleben, während Marco Armiliato das Mozarteumorchester durch den Abend führt. Für Verdi Schiller-Adaption "Luisa Miller" indes kommt männliche Starpower an die Salzach, wenn Placido Domingo den Miller singt und Piotr Beczala den Rodolfo. Nino Machaidze hingegen singt die Luisa. Bei seinem Festspieldebüt führt James Conlon das Mozarteumorchester.

Das Schauspielprogramm

Das Schauspielprogramm startet auch 2019 wieder mit dem "Jedermann", der im Rahmen der Ouverture Spirtuelle ab 20. Juli - bei schönem Wetter - den Domplatz bespielt. Die neue Buhlschaft Valery Tscheplanowa ist nicht der einzige Neuzugang im "Jedermann"-Ensemble. So wird etwa Gregor Bloeb - Bruder von Jedermann-Darsteller Tobias Moretti - Hanno Koffler in der Doppelrolle des Guten Gesell und Teufels ablösen. Ansonsten hat man im Schauspielbereich vier Premieren programmiert, unter denen sich mit Theresia Walsers "Die Empörten" diesesmal auch eine Uraufführung findet. Burkhard C. Kosminski, neuer Intendant des Stuttgarter Schauspiels, inszeniert ab 18. August das als "finstere Komödie" beschriebene Stück der 50-jährigen Deutschen, in dessen Zentrum zwei Schwestern stehen, neben denen ihr toter Bruder in einem Sack liegt. Angeführt wird das Darstellerensemble von Caroline Peters und Silke Bodenbender, denen sich Andre Jung, Sven Prietz und Anke Schubert hinzugesellen.

Auch 2019 steht eine Romanadaption auf dem Festspiel-Programm, wenn am 28. Juli Thomas Ostermeier Ödön von Horvaths Klassiker "Jugend ohne Gott" aus dem Jahr 1937 auf die Bühne bringt. In der Hauptrolle des Lehrer ist "Tatort"-Kommissar Jörg Hartmann zu erleben. An seiner Seite spielen unter anderen Damir Avdic, Bernardo Arias Porras und Veronika Bachfischer. "Diese Bestandsnahaufnahme ist für uns nach wie vor aktuell und interessant", zeigte sich Hering überzeugt.

Gleich zweimal wird 2019 die Perner-Insel bespielt. Den Auftakt macht hier am 31. Juli Maxim Gorkis großes Gesellschaftspanorama "Sommergäste" in der Gestaltung von Regieshootingstar Mateja Koleznik. Sie kann dafür auf ein Schauspielerensemble um Martin Schwab, Primoz Pirnat, Genija Rykova, Gerti Drassl und Aenne Schwarz zurückgreifen. "Die Personen drehen sich immer mehr um sich selbst, machen von ihren Möglichkeiten, zum gesellschaftlichen Leben etwas beizutragen, keinen Gebrauch", so Hering.

Danach folgt am 17. August auf der Insel Ferenc Molnars Klassiker "Liliom", für den Theater- und Filmregisseur Kornel Mundruczo verantwortlich zeichnen wird. Bei ihm muss der Strizzi Liliom gleich vom Anfang an vor dem Jüngsten Gericht Rede und Antwort stehen. Ihm stehen dafür u.a. Jörg Pohl (Liliom), Maja Schöne (Julie), Oda Thormeyer (Frau Muskat), Marie Löcker (Marie), Tilo Werner (Ficsur) und Julian Greis (Wolf Beifeld) zur Verfügung. "Es geht um einen Menschen, der wie in der antiken Tragödie auf sein Ende zusteuert", verband Hering auch den "Liliom" mit dem kommenden Überthema des Mythos.

Beim Leseprogramm wird Angela Winkler unter dem Titel "Zeitbrüche" einen russischen Abend gestalten, Tobias Moretti wird in "Zum Sisyphos. Ein Abendmahl" von Albert Ostermaier mit kulinarischer Begleitung im Restaurant M32 "eine famose Tirade halten", wie Hering ankündigt. Senta Berger und Ulrich Matthes spüren im Mozarteum dem Orpheus und Eurydike-Mythos über die Literaturgeschichte hinweg nach. Und schließlich wird es eine Marathonlesung mit Volker Bruch, Corinna Harfouch, Burghart Klaußner und Birgit Minichmayr geben, die James Joyces 1.000 Seiten starken "Ulysses" rezitieren.

Konzertprogramm

Und tränenreich geht es schließlich im Konzertprogramm 2019 zu, dienen die "Tränen" doch als Zentrum der Ouverture Spirituelle. So eröffnet man mit dem A-cappella-Werk "Lagrime di San Pietro" in einer szenischen Adaption von Peter Sellars mit dem Los Angeles Master Chorale in der Kollegienkirche. Es folgen u.a. Sofia Gubaidulinas "Sieben Worte", aber auch Marc-Antoine Charpentiers "Stabat Mater"-Vertonungen oder John Dowlands "Lachrimae, or Seaven Teares".

Perfekt in den Antikenfokus fügt sich Pascal Dusapins Oper "Medeamaterial" nach Heiner Müller am 28. Juli ein, die konzertant mit Jennifer France und dem Vocalconsort Berlin sowie der Akademie für Alte Musik unter Franck Ollu zu hören ist. Überhaupt ist dem Franzosen unter dem Titel "Zeit mit Dusapin" ein Schwerpunkt gewidmet, zu dem auch sein durch das RSO interpretierte Orchesterwerk "Morning in Long Island" in der Felsenreitschule und eine Ausstellung seiner fotografischen Arbeiten in der Leica Galerie gehört. Auch George Enescu, mit "Oedipe" auch im Opernprogramm präsent, widmet eine Reihe "Zeit mit Enescu".

Die Wiener Philharmoniker gestalten fünf Programme. Dabei werden Riccardo Muti mit dem Verdi-"Requiem", Herbert Blomstedt mit Mahlers 9. oder Franz Welser-Möst mit Schostakowitschs 14. Symphonie zu hören sein. Weitere Spitzenorchester sind das neue SWR Symphonieorchester unter seinem Leiter Teodor Currentzis, das Symphonieorchester des BR, der West-Eastern-Divan oder wieder die Berliner Philharmoniker. Und schließlich geben sich bei den Liederabenden Christian Gerhaher, Patricia Petibon und Diana Damrau die Klinke in die Hand, während Intendant Hinterhäuser am Klavier gemeinsam mit Matthias Goerne William Kentridges Visualisierung der "Winterreise" auf die Bühne im Großen Haus bringt - ein Wiedersehen mit einer Produktion der Wiener Festwochen des Jahres 2014.

Das Programm der Salzburger Festspiele 2019:

OPER (Premieren):

WERK

REGIE

DIRIGAT

ORCHESTER

SPIELORT

PREMIERENDATUM

Wolfgang Amadeus Mozart: "IDOMENEO"

Peter Sellars

Teodor Currentzis

Freiburger Barockorchester

Felsenreitschule

27. Juli

Luigi Cherubini: "MEDEE"

Simon Stone

Thomas Hengelbrock

Wiener Philharmoniker

Großes Festspielhaus

30. Juli

George Enescu: "OEDIPE"

Achim Freyer

Ingo Metzmacher

Wiener Philharmoniker

Felsenreitschule

11. August

Jacques Offenbach: "ORPHEE AUX ENFERS"

Barrie Kosky

Enrique Mazzola

Wiener Philharmoniker

Haus für Mozart

14. August

Giuseppe Verdi: "SIMON BOCCANEGRA"

Andreas Kriegenburg

Valery Gergiev

Wiener Philharmoniker

Großes Festspielhaus

15. August

OPER (Wiederaufnahmen):

WERK

REGIE

DIRIGAT

ORCHESTER

SPIELORT

WIEDERAUFNAHME AB

Georg Friedrich Händel: "ALCINA"

Damiano Michieletto

Gianluca Capuano

Les Musiciens du Prince - Monaco

Haus für Mozart

8. August

Richard Strauss: "SALOME"

Romeo Castellucci

Franz Welser-Möst

Wiener Philharmoniker

Felsenreitschule

25. August

OPER (konzertant):

WERK

DIRIGAT

ORCHESTER

SPIELORT

AB

Francesco Cilea: "ADRIANA LECOUVREUR"

Marco Armiliato

Mozarteumorchester Salzburg

Großes Festspielhaus

28. Juli

Giuseppe Verdi: "LUISA MILLER"

James Conlon

Mozarteumorchester Salzburg

Großes Festspielhaus

25. August

SCHAUSPIEL (Premieren):

WERK

REGIE

SPIELORT

PREMIERENDATUM

Ödön von Horvath: "JUGEND OHNE GOTT"

Thomas Ostermeier

Landestheater

28. Juli

Maxim Gorki: "SOMMERGÄSTE"

Mateja Koleznik

Perner-Insel

31. Juli

Ferenc Molnar: "LILIOM"

Kornel Mundruczo

Perner-Insel

17. August

Theresia Walser: "DIE EMPÖRTEN" (UA)

Burkhard C. Kosminski

Landestheater

18. August

SCHAUSPIEL (Wiederaufnahme):

WERK

REGIE

SPIELORT

AB

Hugo von Hofmannsthal: "JEDERMANN"

Michael Sturminger

Domplatz/Großes Festspielhaus

20. Juli

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