„König Roger“: Die Grazer Oper macht einen Fund

In dem kaum gespielten Werk von 1926 verführt der Hirte einen König – und der polnische Komponist Szymanowski den Hörer mit sinnlichem Klangrausch. Karge Regie, engagiertes Orchester und wackere Sänger.

Rausch, Klangrausch, Räusche aller Arten: Was unter der Schirmherrschaft von Dionysos nicht alles möglich ist! Sogar König Roger, über weite Strecken ein Verlierertyp, profitiert am Ende davon. Von Karol Szymanowskis bedeutender, 1926 uraufgeführter Oper „Król Roger“ („König Roger“) ist bestenfalls ihre Existenz bekannt, gespielt wird sie kaum. Umso bemerkenswerter daher nun die Grazer Erstaufführung in einer musikalisch seriösen Aufmachung.

Szymanowski war ein manischer Klangfetischist. Wie ein Schwamm sog er die Errungenschaften seit Wagner auf und mischte sie neu durch. Dabei fand er zu einem eigenen Stil: hypertroph zwar, aber farblich unendlich aufgefächert. Da dampft und stampft es dramatisch, während sinnlicher Reiz und Verführung sich dialogisch einmischen. Die Überschneidungen von Ebenen, Themen und Inhalten zeugen von Szymanowskis raffiniertem Handwerk. Und er ist ein spontaner Formulierer. Expressionistisch und noch der Tonalität verpflichtet, kommt er ohne Endlosphrasen auf den Punkt: drei Akte, in Summe so lang wie „Elektra“, in Graz leider mit Pause.
Humane Existenz, politisches Handeln und Gottsuche sind für König Roger nicht so einfach unter einen Hut zu bringen. Glücklos schlängelt er sich durch das Leben, ehe ein attraktiver Jüngling in Gestalt eines Hirten Unruhe in sein Volk bringt. Ein Prediger, Prophet, Volksverführer, Aufwiegler, Jesus ähnlich, ein Gesandter von Dionysos vielleicht. Roger vermag ihm nicht lang Paroli zu bieten, er verfällt dem Reiz des Hirten. Annäherung und Liebesfähigkeit: Szymanowski macht (seine) Homosexualität zum Kunstthema, lang vor Benjamin Britten.

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