Theater an der Wien

Diese Johanna rettet ihre Seele selbst

Lena Belkina in der Titelrolle überzeugt darstellerisch – ihr Mezzosopran lässt Wünsche offen
Lena Belkina in der Titelrolle überzeugt darstellerisch – ihr Mezzosopran lässt Wünsche offen(c) Werner Kmetitsch
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Regisseurin Lotte de Beer verquickt das Schicksal der „Jungfrau von Orleans“ schlüssig mit einem Mädchenleben von heute, Oksana Lyniv bringt mit Symphonikern und Schoenberg-Chor die Partitur zum Strahlen.

Manchmal zeigen schon die ersten Takte, wie der Abend wird. Von den wehmütig verschlungenen Holzbläser- und dann Streicherkantilenen mit bukolischen Einsprengseln an, mit denen Pjotr Iljitsch Tschaikowski das Vorspiel zu seiner „Jungfrau von Orleans“ eröffnet, war die Gestaltungskraft der ukrainischen Dirigentin Oksana Lyniv klar: Mit hingebungsvoller und zugleich klarer Gestik konnte sie die Wiener Symphoniker zu blühenden Kantilenen animieren, die alle sofort zu sprechen, zu erzählen begannen. Die 1881 in St.Petersburg uraufgeführte, im Westen selten zu hörende Partitur nahm unter ihrer Leitung klare Gestalt an, dramaturgisch überzeugend organisiert im Wechsel zwischen intimen Ruhepunkten und großen Massenszenen. Lyniv, derzeit noch an der Grazer Oper tätig, war somit der erste große Trumpf in diesem neuen Kapitel der Tschaikowski-Pflege im Theater an der Wien.

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Der zweite war die Regie, in der einige Widersprüche letztlich theatralisch überwunden wurden. Man bedenke nur die heiklen Aufgaben: Wer sind etwa diese überirdischen Stimmen, die Jeanne d'Arc davon überzeugen, sie sei zur militärischen Anführerin auserkoren? Man mag es Erklärungssucht nennen, wenn Klänge aus dem Äther nicht genügen. Aber Lotte de Beer und ihr Ausstatterduo Clement & Sanôu wissen wirklich Rat – gerade weil sie die Protagonistin als ein junges Mädchen in Pubertätsnöten zwischen Heute und Historie hin und her driften lassen.

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