Salzburg: Ein großer Abend im nur formal „kleinen“ Genre

Mitsuko Uchida und Jörg Widmann mit einem abwechslungsreichen Kammerkonzert im Mozarteum.

Der Applaus galt gleichermaßen dem Interpreten wie dem Komponisten. Schier unglaublich, was alles an technischen Herausforderungen, rhythmischen Pointen und klanglichen Facetten Jörg Widmann einem Klarinettenvirtuosen in seiner von ihm selbst 1994 in München uraufgeführten „Fantasie“ abverlangt. Faszinierendes Klangtheater, inspiriert von Strawinsky, Weber und der bunten italienischen Commedia dell'arte.

Nicht der einzige Höhepunkt dieses letzten Kammerkonzerts der Salzburger Festspiele. Faszinierend schon Intensität und Liebe zum plastischen Detail, die Widmann und Mitsuko Uchida Brahms' erster Klarinettensonate widmeten. „Bescheiden“ hat der Komponist dieses Werk einst mit der für ihn typischen Untertreibung angekündigt. Doch ist dieses Opus 120/1 Kammermusik von höchstem konzertanten wie intimen Anspruch. Sie zeugt auch von Brahms' besonderem Faible für tänzerische Episoden, wie es im Ländler des dritten Satzes so mitreißend zum Ausdruck kommt.

Untertreiben konnte auch Alban Berg. „Unscheinbar“ hat er gegenüber seiner Frau, Helene, seine Klarinettenstücke op. 5 bezeichnet. Fundierter als durch Widmann und Uchida lassen sich diese auf das Wesentlichste verknappten expressionistischen Stücke kaum darstellen. Auch die große romantische Poesie kam an diesem Abend nicht zu kurz: mit den von eigenen Liedern inspirierten meisterhaften „Fantasiestücken“ von Robert Schumann und Schuberts „Der Hirt auf dem Felsen“, klar artikulierend und differenziert gestaltet von Sopranistin Anna Lucia Richter. (dob)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.08.2019)

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