Jetzt fix: Ein Tenor für alle Fälle

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Nach 13 Jahren Groll ist Herbert Lippert wieder in der Staatsoper präsent: als Ensemblemitglied, in "Cardillac", ab Sonntag in "Aus einem Totenhaus".

"Das war ein Jubel", sagt er. Die Freude steht ihm immer noch ins Gesicht geschrieben. Herbert Lippert ist heimgekehrt. Als er im Vorjahr nach der Premiere von Hindemiths „Cardillac“ vor dem Vorhang erschien, feierte ihn das Publikum. Die Vorgeschichte war hinlänglich bekannt. In den Anfängen der Staatsopernära von Ioan Holender, als Eberhard Waechter noch das Zepter schwang, war der Tenor aus Oberösterreich ein Fixstarter im neuen Ensemble. Dann kam es zum Krach, zu Prozessen, unliebsamen Erinnerungen aller Arten.

Dominique Meyer und Franz Welser-Möst haben Lippert zurückgeholt. „Cardillac“ war Welser-Mösts erste Premiere in seiner Amtszeit als Generalmusikdirektor. Die künstlerische Verbindung zwischen ihm und Herbert Lippert datiert aus Jugendtagen. „Mit dem Franz“, sagt Lippert, „versteh ich mich blind.“

Das hat ihm die Heimkehr auf die Bühne, auf der er Anfang der Neunzigerjahre so oft gestanden war, gewiss erleichtert. Vor der „Cardillac“-Premiere, so erinnert sich Lippert ein Jahr danach, herrschte dennoch enorme Nervosität. So heftig, dass er einen ungewöhnlichen Entschluss fasste. „Ich bin für zwei Wochen ins Kloster gegangen“, erzählt er verschmitzt, „weil meine Frau gesagt hat, dass ich nicht mehr auszuhalten war. Ich war wirklich vollkommen aufgelöst. Nach 13 Jahren Abwesenheit wieder auf die Staatsopernbühne zu gehen, das ist einem nicht wurscht.“

„Heikle Rhythmen“ bei Janácek

Seit 1.September dieses Jahres ist Lippert nun wieder waschechtes Ensemblemitglied. Das Haus hat nach sehr langer Zeit wieder einen Tenor in seinen Reihen, der auch große Partien seine Fachs singen – und bei der Probenarbeit im Ernstfall auch covern kann. „Zuletzt“, sagt Lippert, „habe ich mit der Waltraud Meier für den Fidelio geprobt.“ Sogar Wagners Walther von Stolzing hat der einstige Tamino vom Dienst schon im Repertoire. „Den hab ich mittlerweile 20 Mal gesungen.“ An der Staatsoper ist er vor der „Cardillac“-Wiederaufnahme, die verfilmt wird, in der Premiere von Janáceks „Aus einem Totenhaus“ zu erleben. Die Arbeit daran war aufreibend. „Weniger wegen der Sprache“, sagt Lippert, „mit dem Tschechisch hab ich kein Problem, aber weil in dem Moment, in dem das Orchester bei den Proben dazukommt, alles völlig anders klingt als mit Klavierbegleitung. Und die Rhythmen sind so heikel, dass man, eh man sich's versieht, seinen Einsatz – auf dem dreizehnten Sechzehntel eines Viervierteltakts – schon verpasst hat.“

Dafür erleichtert dem Sänger ein ästhetischer Faktor die Arbeit: „Es ist unglaublich, wie schön das Orchester diese Musik spielt.“ Das lässt sich hie und da, wo es die Härte des Sujets (nach Dostojewskis „Aufzeichnungen aus dem Totenhaus“) zulässt, sogar regelrecht genießen. Mit vielen philharmonischen Musikern verbindet Lippert ja eine Künstlerfreundschaft, nicht zuletzt wegen gemeinsamer Projekte, die im Moment zwar auf Eis liegen, von denen er aber hofft, dass sie ihre Fortsetzung finden. Mit sieben Philharmonikern war Lippert ja schon auf Tournee mit einem Programm aus erlesenen Operettenfundstücken, die unter anderem aus dem reichen Archiv eines Freundes stammen: Herrliche Musik, die man jahrzehntelang nicht zu hören bekommen hat. Das war bei Festivals zwischen Grafenegg und Luzern schon höchst erfolgreich. Vielleicht schafft es dieses höchst wienerische Unterfangen auch einmal auf eine Bühne in der Stadt, in die es eigentlich gehört...

Staatsoper: „Aus einem Totenhaus“ (Dirigent: Franz Welser-Möst, Regie: Peter Konwitschny). Premiere: 11. Dezember.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2011)

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