Großes Kino von Dürer und Altdorfer

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Albertina. Die Ausstellung „Kaiser Maximilian I. und die Kunst der Dürerzeit“ lässt einen nicht nur über den monumentalen „Triumphzug“ staunen. Sehr didaktisch wird das Umfeld des Kaisers aufbereitet.

Man darf sich das so vorstellen: Patschenkino im Hause Habsburg, Innsbrucker Burg. Der Hausherr, zweifacher Witwer, will entspannen. Zwei Bedienstete packen eine Rolle aus. Der große Abendfilm für den Kaiser des Heiligen Römischen Reiches beginnt. Die Diener wickeln vor seinen Augen die Rolle kostbaren Pergaments ab: 109 Bilder ziehen vorbei, 100 Meter Propagandakunst, die Hochzeit, die Vorfahren, die Kriege, die Beute. Motiv für Motiv entspinnt sich der Triumphzug Maximilians I.

1512 hat dieser Herrscher Albrecht Altdorfer, Meister der Donauschule, mit diesem monumentalen aquarellierten Zeichnungs-Zyklus beauftragt. Heute ist er einer der Schätze der Albertina, der jetzt, kürzlich renoviert, die Pulsschlagader einer prächtigen Ausstellung rund um Geschichte, Modernität und Hybris dieses faszinierenden Herrschers am Beginn des Habsburger-Weltreichs bildet. „Nur“ 54 Meter des „Triumphzugs“ sind erhalten, sie schlängeln sich durch die Halle in den Tiefen der Bastei, 120 heutige Bürger haben für die aufwendige Architektur dazu gespendet, zwischen zehn und 10.000 Euro. Eine Liste am Beginn der Schau dankt ihnen, eine für Österreich ungewöhnliche, daher hervorhebenswerte Aktion, eine freiwillige Variante des einst üblichen „gemeinen Pfennigs“, der ersten reichsweiten Steuer, die Maximilian einführte. Er führte auch ein erstes, relativ unabhängiges Gericht ein. Er lebte und führte Krieg auf Pump (von Bankier Jakob Fugger). Und er benutzte die neuen Medien (Druckgrafik) für Werbe- und Propagandazwecke. Wenn das nicht nach Moderne schreit.

Inszenierung in Purpur und Blau

Soweit aber nur der Subtext der Ausstellung, die mit eigenen Beständen und Leihgaben sehr bekömmlich, sehr didaktisch das Umfeld Maximilians aufbereitet: die beiden früh verstorbenen Gattinnen, die große Liebe Maria von Burgund, die reiche, aber unstandesgemäße Bianca Maria Sforza. Die Künstler, die beiden Albrechts Altdorfer und Dürer, aber auch Hans Burgkmair d. Ä., die neben Maximilian auch seine Vertrauten porträtierten: den Salzburger Erzbischof Matthäus Lang von Wellenberg, die Humanisten Konrad Celtis und Willibald Pirckheimer. Von Dürer sind auch (außer Katalog) einige Kleinodien zu sehen – der Heilige Hieronymus im Gehäuse etwa oder zwei Karten der Himmelsgestirne (Maximilian war äußerst abergläubisch).

Dürer zeichnete auch am Rückweg von Venedig Innsbruck (als läge es am Meer übrigens), neben Wiener Neustadt, Wels, Graz eine von Maximilians Lieblingsstädten. Denn in Wien hielt es ihn nicht, dort musste er als Kind (angeblich) schon Ratten fressen, als die Stadt belagert wurde. Ein traumatisches Erlebnis, aber derlei Anekdoten verbittet sich diese Ausstellung großteils (bis auf einen nett nachgestellten Fußkampf zweier Harnische auf einem Kieselrondeau). Man wird nicht überfordert, die Inszenierung in kaiserlichem Purpur und Blau ist dezent, aber dennoch anregend. Hier darf man staunen und auch ein bisschen lächeln über die Absicherungsstrategie des gewieften Machtmenschen: Über die Stretch-Limousine der Renaissance, das Sechsergespann, in dem Dürer den Kaiser in seinem „Triumphwagen“ vorfahren lässt. Über die wandfüllende „Ehrenpforte“, den kolorierten Riesenholzschnitt, der erst Jahre nach dem Tod des Kaisers gedruckt werden konnte. Die Erinnerung hat Maximilian sich einiges kosten lassen. Nicht zuletzt profitieren heute auch wir davon. Bis 6. Jänner.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.09.2012)

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