Graz: Die Stadt, die Altes mit Neuem verbindet

Graz Stadt Altes Neuem
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Der Direktor des neu gestalteten GrazMuseum führt die "Presse am Sonntag" zu architektonischen Highlights der steirischen Landeshauptstadt.

Fünf Türen führen in das Foyer des neu gestalteten GrazMuseum. Das Design ist unaufgeregt: viel Glas, viel Stein, viel sichtbare Geschichte des barocken Palais Khuenburg. Jenes Gebäudes, in dem 1863 Thronfolger Franz Ferdinand geboren worden ist. Geschichte ist auch das Geschäft des GrazMuseum. „Es geht darum, die Entwicklung der Stadt aus der heutigen Perspektive zu betrachten“, erklärt Direktor Otto Hochreiter.

Seit 2005 leitet der 58-jährige Tiroler die Geschicke des GrazMuseum. Während der letzten sieben Jahre hat er die Neupositionierung des ehemaligen Stadtmuseums vorbereitet. Die Geschichte der Stadt mit modernen Methoden darzustellen, ohne die dunklen Seiten zu verschweigen, das ist Hochreiter ein Anliegen: „Wir haben eine wissenschaftliche Aufgabe zu erfüllen und nicht touristische Werbung zu machen.“ Bestes Beispiel: die neue ständige Schau „360Graz – Die Stadt von allen Zeiten“. Es ist eine Stadttour, die sich in jeder Epoche mit vier essenziellen Fragen des Zusammenlebens beschäftigt. Die Besucher können die Exponate an überdimensionalen „Spießen“ wenden und sich so zwischen den Epochen entlanghanteln.

Für Otto Hochreiter ist das GrazMuseum Ausgangspunkt für praktische jede Erkundung der Stadt. Der ehemalige Vizedirektor der Volksoper Wien ist ein Pendler zwischen den Städten; seine Familie wohnt in Wien, er arbeitet in Graz. Die Stadt an der Mur hat Hochreiter schätzen gelernt. „Für mich ist Graz der erste Schritt ins Mediterrane“, erzählt Hochreiter. „Die Menschen hier scheinen zu wissen, dass das Leben begrenzt ist.“ Dass die Grazer sich überdurchschnittlich langsam zu Fuß bewegen, kann er allerdings weniger goutieren. Auch nicht, dass seit Jahren keine Lösung des Feinstaubproblems gefunden werden konnte.

Hochreiter wohnt in St. Peter, einem gutbürgerlichen Bezirk am südlichen Rand von Graz. Öfter als dort hält er sich in der Enoteca auf, in unmittelbarer Nähe zum GrazMuseum. Eine kleine, feine italienische Weinbar in einem noch kleineren Altstadt-Innenhof. Auch unter Grazern ein Geheimtipp. Hochreiter kommt fast täglich. „Wieso sollte ich etwas ändern, wenn es gut ist? Das Leben ist kompliziert genug.“Sein Job als Direktor des GrazMuseum eröffnet Hochreiter den Zugang zu einem Platz in der Stadt, der ansonsten geschlossen ist. Die Kanonenbastei am Schlossberg ist Teil des Museums und bietet den besten Blick über die Dächerlandschaft der Grazer Altstadt. Als Außenstelle der ständigen Schau möchte er die Kanonenbastei für die Allgemeinheit öffnen. Ein Konzept gibt es schon. „Das wird aber wohl erst nach der Wahl spruchreif werden.“

Fixpunkt von Altstadführungen. Es geht den Schlossberg hinunter, über den Karmeliterplatz, vorbei am Schauspielhaus in den Innenhof der Grazer Burg zur Doppelwendeltreppe. Die Treppe ist ein Kuriosum und Fixpunkt von Altstadtführungen. Und einer von Hochreiters Lieblingsplätzen. Die beiden Treppenstränge winden sich aneinander wie die Doppelhelix in die Höhe, weder Sinn noch Bauherr sind bekannt. Schreitet man Stufe um Stufe voran, „beginnt der Boden zu schwanken“, schwärmt Hochreiter. Wann immer er von einem Graz-Neuling Besuch bekomme, führe er ihn hierher.

Hochreiter leitet zu einem weiteren architektonischen Highlight von Graz: dem botanischen Garten. „Die Palmenhäuser sind eine Vorstufe des Kunsthauses“, sagt Hochreiter. Die drei schiefen, parabolischen Zylinder aus Acrylglas wirken wie Außerirdische. Die experimentelle Architektur ist Rückzugsort in einer stressigen Zeit und ein perfektes Beispiel der Grazer Schule. Der Kontrast zwischen den modernen Gewächshäusern und dem Grazer Villenviertel gefällt Otto Hochreiter besonders. „Man sieht, dass Graz sehr gut Altes mit Neuem verbinden kann. Wenn es sich nur traut.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.11.2012)

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