Hundertwassers Nachlass: Rätsel um verschollene Bilder

(c) AP (Hans Punz)
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Laut Hundertwassers Stiftung hinterließ der Maler keine Werke, auf die Pflichterben Anspruch hätten. Ein Werkverzeichnis kennt mindestens 18.

Wien. Hinterließ der weltweit kommerziell erfolgreiche Künstler Friedensreich Hundertwasser nach seinem Tod am 19.Februar 2000 seiner pflichtteilberechtigten Tochter wirklich nur Schulden?

„Die Presse am Sonntag“ veröffentlichte dazu am Wochenende zahlreiche Dokumente, die das Gegenteil vermuten lassen. Es geht um Firmen, Werknutzungsrechte und Grundstücke im zwei- bis dreistelligen Millionenwert. Weitere Recherchen zeigen nun, dass sich die von Hundertwasser im Testament als Alleinerbin eingesetzte Privatstiftung in weitere Widersprüche verstrickt. Tatsächlich besteht die Möglichkeit, dass die Stiftung und ihr Vorstand der einzigen Hinterbliebenen des Künstlers seinerzeit auch eine Reihe von Kunstwerken von nicht abschätzbarem Wert verschwiegen haben. Die Verantwortlichen bestreiten das.

Rückblende: Nach Hundertwassers Tod meldete sich eine damals 18 Jahre alte Frau, die angab, die uneheliche Tochter des Verstorbenen zu sein. Tatsächlich hatte der Künstler Zeit seines Lebens Unterhaltszahlungen geleistet. Und das, obwohl er keinerlei Kontakt zu der heute 30-jährigen Wissenschaftlerin pflegte. Im Testament des Vaters hatte dieser jedoch die von ihm gegründete Privatstiftung als Alleinerbin eingesetzt. Stiftungsvorstand ist bis heute Hundertwassers ehemaliger Manager, Joram Harel.

Da die Stiftung weniger als zwei Jahre vor dem Tod des Meisters gegründet worden war, hatte die Tochter Anspruch auf den erblichen Pflichtteil (50Prozent). Allein: Die Stiftung, Harel und dessen Anwalt Georg Zanger behaupteten, Hundertwasser habe der Tochter nichts außer 1,5 Mio. Euro Schulden hinterlassen. Für 140.000 Euro und ein Bild verzichtete sie auf alle weiteren Ansprüche.

Bilder im Werkverzeichnis

Aus den Notariatsakten von damals geht hervor, dass die Stiftung und ihre Vertreter gegenüber dem Teenager und dem Gericht erklärt haben, dass Hundertwasser in den letzten drei Jahren vor seinem Tod nicht mehr künstlerisch tätig war, und daher auch keine Werke im Nachlass vorhanden seien. Eine Behauptung, die die Stiftung – wie sich jetzt herausstellt – an anderer Stelle selbst konterkariert.

In einem von einer Stiftungsmitarbeiterin erstellten und im deutschen Taschen-Verlag als Prachtband herausgegebenen Werkverzeichnis sind mindestens 18Bilder dokumentiert, die zwischen 1998 und 2000 entstanden. Manche davon blieben unvollendet. Schon im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens hegte Hundertwassers Tochter Zweifel, ob ihr Vater, der unzählige Werke produzierte, die letzten Jahre seines Lebens tatsächlich malerisch abstinent verbrachte. Der Anwalt von Stiftungsvorstand Joram Harel, Georg Zanger, tat eventuell vorhandene Werke in einem Schriftsatz als vergleichsweise unbedeutende „Kritzeleien“ ab, die nichts wert seien.

„Kein Grund“ für Staatsanwältin

Heute schreibt er im Auftrag seines Mandanten, dass alle Vorwürfe in Bezug auf Hundertwassers Nachlass „unwahr“ seien. Die Justiz habe ein entsprechendes Ermittlungsverfahren bereits eingestellt. Die schriftliche Begründung der zuständigen Staatsanwältin Caroline Pestal-Czedik-Eysenberg lautet: „Die Einstellung erfolgte, weil kein tatsächlicher Grund zur weiteren Verfolgung besteht.“

Hundertwassers Tochter hat einen Fortführungsantrag gestellt. Über ihn entscheidet nun ein Richter am Oberlandesgericht.

Auf einen Blick

Laut der Hundertwasser-Stiftung hinterließ der verstorbene Stifter nur Schulden. Die pflichtteilberechtigte Tochter könne auf kein Vermögen zugreifen. Zahlreiche Dokumente nähren jedoch Zweifel an der Theorie. Es geht um Firmen, Grundstücke und nicht zuletzt um Bilder des Künstlers.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2013)

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