Kulturhauptstadt Pecs: Eröffnung mit Sonnenballon

Zwei der drei Kulturhauptstädte haben ihr Programm aufgenommen: Pecs, das "Schaufenster Ungarns" zeigte bei der Eröffnung eine Wintersonne und gewährte Einblick in seine Geschichte.

Nach Essen mit dem Ruhrgebiet (Ruhr.2010) ist nun auch die ungarische Stadt Pecs in das Jahr als Europäischen Kulturhauptstadt gestartet. Mit einem einstündigen Historien-Spektakel hat die Vielvölker- und Bergbaustadt im Süden Ungarns am Sonntagabend das Hauptstadtjahr feierlich eröffnet.

Der ungarische Ministerpräsident Gordon Bajnai erklärte: "Ein Jahr lang ist Pecs das Schaufenster Ungarns." Mehrere Tausende Menschen - allerdings weniger als erwartet - waren bei kalten, aber nicht extremen Wintertemperaturen auf den Hauptplatz der Stadt gekommen, um der Feier beizuwohnen.

Tänzer, Schauspieler, Statisten auf meterhohen Stelzen und 450 Schüler stellten die geschichtlichen Epochen der durch etliche Völker und Kulturen geprägten Stadt Pecs (deutsch Fünfkirchen) dar. Es war ein bunter Bilderbogen mit einem römischen Pferdewagen, osmanischen Derwischtänzen, Schattenspielen, Volkstänzen und einer stilisierten Bergarbeiterkapelle.

Moschee als Wahrzeichen

Premierminister Gordon Bajnai bei der Eröffnung  (c) EPA/ZSOLT SZIGETVARY

Die osmanische Moschee mit dem Kreuz und dem Halbmond auf ihrer Kuppel - das Wahrzeichen von Pecs - diente als Projektionsfläche für Laserzauber und Diabilder.

Bei der Aufführung des Liedes "Warte, bis die Sonne aufgeht" (Varj mig felkel majd a nap) des ungarischen Popstars Ferenc Demjen stieg ein leuchtender Ballon über der Szenerie auf - eine Sonne im nächtlichen Winterhimmel.

Ein Feuerwerk schloss die Performance ab. "Es war schön", meinte eine Pecserin. "Es war alles drin, was wichtig ist in unserer Geschichte."

Stadt mit Minderheiten

Das Kulturhauptstadtjahr soll mit seinen über 500 Programmen Touristen und Kulturinteressierte in die Region locken. Insgesamt will sich Pecs als offene, junge und vitale Stadt präsentieren. In ihr leben mehrere ethnische Minderheiten, darunter Deutsche, Roma und Kroaten.

2010 trägt auch noch die türkische Metropole Istanbul den Titel Europäische Kulturhauptstadt. Am Bosporus wird das Hauptstadtjahr erst am 16. Jänner offiziell eröffnet.

Gleich drei Städte teilen sich 2010 den Titel Europäische Kulturhauptstadt - eine davon liegt gar nicht in der EU: Essen als Teil des Projekts Ruhr.2010 im deutschen Ruhrgebiet, Pécs ins Ungarn und Istanbul in der Türkei. (c) EPA (JULIAN STRATENSCHULTE)

Für Ruhr.2010 steht das Jahr unter dem Motto Kultur statt Kohle und Stahl. Bis jetzt ist der Ruhrpott ja eher als Sitz von Schwerindustrie-Unternehmen wie dem Stahlkonzern Thyssen-Krupp und der damit einhergehenden Luftqualität bekannt. (c) AP (Frank Augstein)

Mit der Programm-Eröffnung am 9. Jänner startete Ruhr.2010 als erste der drei Kulturhaupstädte in das neue Jahr. (c) AP (Martin Meissner)

Mit Musik, Tanz und Spitzenkultur bei der Eröffnung direkt neben der einst größten Zeche Europas: Der Zeche Zollverein. (c) REUTERS (INA FASSBENDER)

"Wandel durch Kultur - Kultur durch Wandel", lautet das Motto der rund 2500 Veranstaltungen und 300 Projekte der Kulturhauptstadt. Die Idee spiegelt sich in Bauwerken, die dem Ruhrgebiet noch lange nach dem Festjahr mit erwarteten fünf Millionen Besuchern erhalten bleiben. (c) EPA (JULIAN STRATENSCHULTE)

Aus einem ehemaligen Brauerei-Lagerhaus in Dortmund wird ein riesiges Kulturzentrum für fast 50 Millionen Euro, Zeche Nordstern in Gelsenkirchen bekommt eine pompöse Herkules-Skulptur auf dem Zechenturm, eine gewerblich genutzte Insel im Rhein vor Duisburg verwandelt sich in einen Kulturpark. (c) REUTERS (INA FASSBENDER)

Gut 62 Millionen Euro kostet die Kulturhauptstadt im Ruhrgebiet. Weitaus größere private Gaben, etwa für das spektakuläre neue Folkwang-Museum in Essen, kamen hinzu. (c) EPA (ROLAND WEIHRAUCH)

Mit hochkarätigen Musik-, Theater- und Ausstellungsreihen und Breitenveranstaltungen zum Mitsingen und für Kleinkunst soll das Festival helfen, europaweit die Klischees vom grauen Kohlenpott endgültig aus den Köpfen zu vertreiben. (c) AP (Frank Augstein)

Am 10. Jänner nahm das Kulturprogramm in Pecs mit einem Straßenfest seinen Auftakt, an die 130 Veranstaltungen folgen. Bereits am 7. Jänner wurde mit einer Linzertorte in der Form Ungarns die Staffel der Kulturhauptstädte Europas von Linz an die südungarische Stadt überreicht worden. (c) EPA (SANDOR H. SZABO)

Zahlreiche öffentliche Plätze wurden renoviert, von den vielen traditionellen und noch mehr neu ins Leben gerufenen Festivals findet ein Großteil im Freien statt. Ein Balkan-Schwerpunkt bietet etwa ein Konzert von Goran Bregovic und einige Tanz-Events; in der bildenden Kunst widmet sich die große Ausstellung dem ungarischen Bauhaus. (c) EPA (ZSOLT SZIGETVARY)

Die Bewerbung von Istanbul als "Kulturhauptstadt Europas" war keine offizielle, sondern eine zivilgesellschaftliche Initiative. "Für uns kommt dieser Titel ein wenig spät", erklärt man im Organisationsbüro. "Wir hätten unter den Ersten sein sollen. Aber als Nicht-EU-Mitglied durften wir lange keine Bewerbung abgeben." (c) EPA (TOLGA BOZOGLU)

"Istanbul - The most inspiring city in the world" lautet der Werbeslogan. Beim Budget wurde nicht gespart: "Istanbul Kulturhauptstadt Europas 2010" verfügt mit über 270 Mio. Euro (99 Prozent davon kommen vom Staat) über ein Vielfaches an Mitteln der meisten anderen Kulturhauptstädte. Bei der Vergabe der Mittel haben allerdings Politiker das Sagen. (c) EPA (TOLGA BOZOGLU)

Gleich mehrere neue Museen sollen 2010 eröffnet werden. Von 2250 eingereichten Projekten für die Kulturhauptstadt, die am 16. Jänner offiziell eröffnet wurde, werden knapp unter 500 realisiert. Populärer Höhepunkt des Kulturhauptstadtjahres könnte die Parade historischer Segelschiffe am Bosporus von 27. bis 30. Mai sowie das U2-Konzert im Atatürk Stadion am 6. September werden. (c) EPA (TOLGA BOZOGLU)

(Ag.)