Belvedere: Bergmann wirft Husslein „Fahrlässigkeit“ vor

Agnes Husslein reagierte „fassungslos“ auf die Vorwürfe.
Agnes Husslein reagierte „fassungslos“ auf die Vorwürfe.(c) APA/HERBERT PFARRHOFER
  • Drucken

Schwere Anschuldigungen gegen Ex-Direktorin Agnes Husslein dominierten die erste Jahrespressekonferenz der neuen Leitung. 2017 brachte jedenfalls einen Besucherrekord. Das Motto für 2018 lautet „Spirit of 68“.

Mit einem Rundumschlag gegen Vorgängerin Agnes Husslein startete am Mittwoch das neue Führungsteam des Belvedere, Stella Rollig und Wolfgang Bergmann (kaufmännische Leitung) in die Zukunft. Die Programmpräsentation für 2018 war von finsteren Mienen und schweren Vorwürfen geprägt. Zusätzlich zu den am Sonntag bekannt gewordenen Regressforderungen an Husslein (rund 200.00 Euro für Privatnutzung des Dienstautos, einen Bauschaden bei der Ai-Weiwei-Ausstellung und einen gescheiterten Kunstankauf) sprach Bergmann von „skandalösen Zuständen“.

Neben infrastrukturellen, personellen und baulichen Mängeln, auf die man „laufend stoße“, mache ihm vor allem die Kälteanlage im Dachgeschoß des Oberen Belvedere „Sorge“. Ein externer Klimaspezialist habe erklärt, dass die Anlagen „in keiner Weise den Anforderungen des Brandschutzes“ entsprächen. Prüfgutachten seit 2013 hätten vor Konsequenzen gewarnt; im Zuge der Recherche habe Bergmann entdeckt, dass es nicht nur „keine gültige Baugenehmigung“ gebe, sondern Husslein in einer Aktennotiz Mitarbeiter sogar dezidiert aufgefordert habe, eine derartige nicht einzuholen.

Husslein: „Ich bin fassungslos“

Husslein reagierte auf Anfrage der „Presse“ „fassungslos“. Sie habe sich bei der über Jahre detailliert geplanten Erneuerung der Anlage auf die Fachabteilung des Hauses verlassen, die der damaligen Prokuristin unterstand. „Ich habe natürlich angenommen, dass alle gesetzlichen Regelungen eingehalten wurden“, so Husslein. Sie höre erstmals von diesen Vorwürfen. Via Pressekonferenz richtete Bergmann ihr weiters aus, dass er in der Klimaanlagen-Causa, bei fehlenden Brandschutztüren und Notausgängen für ein mittlerweile gesperrtes Cafe sogar „das Grundmuster“ erkenne, „dass gesetzliche Vorschriften in den Wind geschlagen wurden“: „Da ist der Stempel ,Vorsätzlichkeit und grobe Fahrlässigkeit‘ drauf.“

Es ist nicht offiziell bestätigt, aber das von den Regress-Forderungen gegen Husslein betroffene Werk ist wohl eine Videoinstallation Friederike Pezolds, einer der wichtigsten feministischen österreichischen Künstlerinnen. Husslein hatte den Ankauf kurz vor Ende ihrer Direktion bewilligt, die Künstlerin lieferte das Werk nicht, das Belvedere fordert jetzt das Mitte Jänner, also nach Hussleins Abgang, überwiesene Geld von Pezold zurück. Die Künstlerin war für die „Presse“ am Mittwoch nicht zu erreichen. Für den Ankauf von Werken gibt es kein gültiges Prozedere in der Museumswelt, es ist von Institution zu Institution, Fall zu Fall unterschiedlich. Meist aber wird nach Erhalt des Werks bezahlt. Bei Husslein, die rund 2000 Werke ankaufte, war es umgekehrt. Wie und warum das im Fall Pezolds nicht funktionierte – mit der Husslein eine mittlerweile zerschlagene Ausstellung plante und die als besonders schwierig im Umgang gilt – ist nicht völlig klar.

Mäzene ins Leopold-Museum gewandert

Unklar ist auch, warum derart gravierende Anschuldigungen gegen eine nicht anwesende Kollegin öffentlich verkündet werden. Einige Hintergründe dazu: Husslein fordert noch Prämien-Zahlungen vom Belvedere. Sie berät als Expertin die VP-FP-Regierungsverhandlungen. Es wanderten bei ihrem Abgang Mäzene des Belvedere ins Leopold-Museum mit, in dessen Vorstand sie mittlerweile praktisch ehrenamtlich sitzt. Aufsichtsratsvorsitzende im Belvedere ist nun Andrea Ecker, die bei Hussleins Nicht-Verlängerung durch SP-Minister Drozda Sektionschefin für Kunst war. (Heute ist sie Kabinettschefin von Van der Bellen.) Das „schwere Erbe“, das Rollig/Bergmann antreten mussten, bescherte ihnen jedenfalls für 2017 einen Besucher- und Umsatzrekord (für das Ausstellungsprogramm war großteils noch Husslein verantwortlich): Heuer wird man rund 1,4 Millionen zählen, rund 100.000 mehr als 2016 (die Öffnungszeiten wurden ausgeweitet, im Garten gab es Sommerkino). Die Eintrittserlöse sind ebenfalls gestiegen (von 9,6 auf voraussichtlich elf Millionen Euro; die Einzelticket-Preise wurden um je einen Euro erhöht).

Für das Programm 2018 kündigt Rollig „große Namen und unerwartete Perspektiven“ an. Der international größte Namen ist Rachel Whiteread (noch von Husslein geplant). Die englische Bildhauerin, von der das Denkmal am Judenplatz stammt, wird ab März im „21er Haus“ ausstellen, das in Zukunft „Belvedere 21“ heißen wird. (Die andere Zeitgenossen-Dependance des Belvederes, das Atelier Augarten, geht mit Jahresende zurück an die Burghauptmannschaft.) Die anderen „großen Namen“ – eine Ausstellung über Klimts Erbe und eine über die Schiele-Sammlung des Hauses – waren aufgelegt, 2018 jährt sich das Todesjahr der beiden Granden zum 100. Mal.

Rollig bezieht sich beim Jahresmotto auf ein anderes Jubiläum: „Spirit of 68“. Dazu passt eine Retrospektive auf das Werk von Günter Brus zu seinem 80er (ab 2. 2., Belvedere 21). Im Unteren Belvedere kommt 2018 neben Klimt nur eine Großausstellung: eine multisensorische Installation der amerikanisch-bolivianischen Künstlerin Donna Huanca. Programmatisch soll auch die Neuaufstellung der Sammlung im Oberen Belvedere ab 1. März werden, bei der Rollig besonderen Wert auf die Vermittlung legen will.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Generaldirektorin Stella Rollig und der Wirtschaftliche Geschäftsführer Wolfgang Bergmann.
Wien

Belvedere: Weitere Vorwürfe gegen Husslein-Arco

"Da ist der Stempel 'Vorsätzlichkeit und grobe Fahrlässigkeit' drauf": Die neue Museumsleitung richtet heftige Vorwürfe an die frühere Direktorin Husslein-Arco.
Kunst

Streit um Kunstkauf: Belvedere weist Hussleins Aussagen zurück

Das 100.000 Euro teure Kunstwerk, das nie geliefert wurde, sei erst nach ihrer Amtszeit gekauft worden, sagt Belvedere-Ex-Chefin Agnes Husslein. Das Belvedere dementiert das: Husslein sei für den Kauf verantwortlich.
PK BELVEDERE ´R�CKBLICK-AUSBLICK - BELVEDERE 2011-2012´:
Wien

Belvedere: Husslein wehrt sich gegen "infame Anschuldigung"

Agnes Husslein-Arco, Ex-Chefin des Museums, äußerte sich im Streit um Regressforderungen des Belvedere, die das Museum an sie stellt. Sie sehe die Verantwortlichkeit in einem Streitpunkt bei ihrem Nachfolger.
premium

Agnes Hussleins offene Rechnungen mit dem Belvedere

Die Direktion des Belvedere will Regresszahlungen von Ex-Chefin Agnes Husslein im sechsstelligen Bereich. Ihr werden zweifelhafte Kunstkäufe ebenso vorgeworfen, wie die unerlaubte private Nutzung von Chauffeur und Dienstwagen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.