Das älteste Großepos der Welt als Comic

An altassyrischen Wandreliefs orientiert: aus Tafel VII von Jens Harders „Gilgamesch“.
An altassyrischen Wandreliefs orientiert: aus Tafel VII von Jens Harders „Gilgamesch“.(c) Carlsen Verlag
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Jens Harders Version des Gilgamesch-Zyklus – wie man Nähe schafft, indem man die Distanz nicht verleugnet.

Es sind schon Hausherren gestorben“, sagt man in der Wiener Vorstadt gern, will man auf die Vergänglichkeit von Größe verweisen, sei es zum Trost, weil man seinerseits kein Hausherr ist, sei es als Mahnung, dass selbst Hausherren-Bäume, ein weiteres einschlägiges Bild, nie in den Himmel wachsen. Und mag es noch so verführerisch erscheinen, sich an der eigenen Größe, in unserem Fall jener der westlichen Zivilisation, immer wieder zu berauschen: Ein Blick in die trübe Gegenwart vormaliger „Wiegen der Menschheit“ lässt uns rasch der Triftigkeit der Wiener Vorstadtphilosophie einsichtig werden – wie der Nichtigkeit kultureller und politischer Selbstüberhebung.

Dergleichen kommt in den Sinn, nimmt man Jens Harders Comicadaption des Gilgamesch-Epos zur Hand: Gleich zu Beginn schält sich auf einer ganzen Seite die Landschaft des Geschehens aus einer erst ungeformten, dann Bild für Bild Form annehmenden Vogelschau auf das Terrain, als würde man Zeuge eines Äonen währenden geologischen Vorgangs, jene Gefilde schaffend, die uns heute als Heimstatt der ältesten Hochkulturen dieser Welt gelten: das Zweistromland rund um Euphrat und Tigris. Quasi in seinem Herzen wiederum: jenes Uruk, das gern als erste „Megacity“ des Uraltertums gesehen wird und heute wenig mehr als ein paar kümmerliche Trümmer in einer graubraunen Einöde ist, im Südosten eines Staates, dessen Gegenwart in unseren Köpfen einzig mit Krieg und Zerstörung, aber gewiss nicht mit Hoch- oder womöglich Höchstkultur verbunden wird – des Irak.

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