Zum 100. Todestag: Hängt ihn höher, den „Kuss“ von Klimt!

Klimts Umarmungen: Das männliche Prinzip ist zwar übermächtig, dafür gesichtslos. Die Frau behält ihre Individualität in der sanften Liebkosung. Links Beethoven-, rechts „Der Kuss“.
Klimts Umarmungen: Das männliche Prinzip ist zwar übermächtig, dafür gesichtslos. Die Frau behält ihre Individualität in der sanften Liebkosung. Links Beethoven-, rechts „Der Kuss“. (c) Belvedere/MAK
  • Drucken

Gustav Klimts Verhältnis zu den Frauen war ambivalent. Aber es häufen sich die Indizien für ihn als frühen Frauenversteher, fast möchte man rufen: Feminist! Am Dienstag vor 100 Jahren starb er im Wiener AKH.

Still und heimlich wurde er abgehängt, „Der Kuss“ von Gustav Klimt. Nein, nicht im Rahmen eines blind gewordenen #MeToo-Aktionismus (Freudianer würden ihn „hysterisch“ nennen). Der führte zuletzt in der Manchester Art Gallery zu einer Skurrilität: Gerade „Hylas und die Nymphen“ – ein Jüngling wird von einer Gruppe langhaariger nackter Mädchen sanft in einen todbringenden Weiher gezogen – wurde dort von einer Kuratorin als anti-sexistisches Statement entfernt (hängt aber schon wieder).

Ein so absurdes wie interessantes Gedankenspiel übrigens, konsequent jegliche männliche Darstellungen weiblicher Nacktheit aus den Museen zu verbannen, von der Venus von Willendorf angefangen (oder wurde sie von einer Frau gehauen?). Würde uns ohne diese musealisierten Referenzen vielleicht plötzlich auffallen, wie unsere tägliche Bilderproduktion in Werbung, Film, Theater, Mode diesen patriarchalen Kanon der Geschlechterrollen noch immer reproduziert? Oder ist es tatsächlich unerlässlich, auch die schwülstigsten Fantasien als unangreifbar zu betrachten und darauf zu vertrauen, dass die Museen ihrer Rolle als „Kompetenzzentren“ des kritisch aufgearbeiteten Blicks auf die Geschichte gerecht werden? Wie viele tun das wirklich?

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Kunst

Klimts närrische Schwammerln im MAK

Ab Dienstagnachmittag kann man mit einer Virtual-Reality-Brille ausgestattet in eine virtuelle Klimt-Welt eintauchen. Ausgangspunkt war der Stoclet-Fries, dessen Entwurfszeichnungen im MAK aufbewahrt sind.
Er liebte seine blauen Reform-Malerkittel, wahrscheinlich genäht vom Avantgarde-Modesalon seiner Seelenfreundin Emilie Flöge: Gustav Klimt am Attersee. Aufgenommen von Friedrich Walker.
Kunst

Zum 100. Todestag: Ein Blümchen für den Gustav

Es ist interessant: Wohin man sich wendet in Wien, zu so vielen Adressen aus Gustav Klimts Biografie – man findet ihn nicht mehr. Ein melancholischer Friedhofsgang anlässlich des 100. Todestages des Wiener Meisters am kommenden Dienstag.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.