Liechtenstein Museum: Die Fratzen der Steuereintreiber

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Fürst Hans-Adam II. wird am Sonntag 65. Als Geschenk zieht sein Wiener Museum eine prächtige Bilanz seiner eher rationalen Sammlungstätigkeit.

Von lockerer Selbstironie ist im Wiener Liechtenstein Museum im Allgemeinen recht wenig zu spüren. Die Aufseher sind den spärlichen Besuchern im prachtvollen Ambiente peinlich auf den Fersen. Ist der Fürst im Haus, darf nur er als Erster einen Raum betreten, „so will es das Protokoll“, wird erklärt, was bei der Pressekonferenz am Donnerstag zu kleinen Verzögerungen führte.

Doch das als Höhepunkt der Geburtstagsausstellung für Hans-AdamII. gewählte Bild, das auch den Katalog ziert, belehrt einen überraschend eines Besseren. Denn anders als bewundernswert selbstironisch kann das Motiv momentan gar nicht gelesen werden: „Die Steuereintreiber“ des flämischen Malers Quentin Massys zählen zu den unsympathischsten Typen der Kunstgeschichte. „Wer mag sie schon“, kommentierte Sammlungsleiter Johann Kräftner die hyperrealistischen Fratzen, bei denen selbst die Härchen auf den Gesichtswarzen noch zu sehen sind. Das Fürstenhaus Liechtenstein jedenfalls mag sie zurzeit bestimmt nicht, bereitet der deutsche Fiskus ihrer Bank seit 2008 doch einiges an Ungemach – Stichwort Steuer-CD.

Gerade 2008 hatte Kräftner im Auftrag des Fürsten die leuchtkräftige Bildtafel aus baltischer Eiche auch erworben. Erst bot er auf das damals noch „Die Geizigen“ genannte und einem Nachfolger des Reymerswaele zugeschriebene Werk im Londoner Auktionssaal von Sotheby's, wurde dabei aber von einem Händler überboten. Worauf das Bild eben „über kleine Umwege“, wie Kräftner es ausdrückt, doch noch in die Liechtensteinische Sammlung kam, enttarnt als um einiges wertvolleres Meisterwerk von Quentin Massys, von dem Kopien in „fast allen großen Museen“ hängen.

Kunst als leidenschaftliches Investment

Ein Investment, das dem Fürsten gefallen haben muss. Denn umringt von 140 der über 700Kunstankäufe, die er seit 1977 bewilligte, gab er unumwunden zu: Leidenschaft war die Kunst für ihn anfangs keine, sondern eine „Verpflichtung“ der Familientradition gegenüber. Er löste damit sozusagen seinen kunstsinnigen Vater aus, der sich nach dem Zweiten Weltkrieg zum finanziellen Überleben der Familie schweren Herzens von wesentlichen Teilen der Sammlung trennen musste, etwa Leonardos „Porträt der Ginevra de Benci“, das heute in der National Gallery Washington hängt.

Doch Hans-AdamsII. Lust an der Kunst scheint über die Jahre, von Rückkauf zu Rückkauf, gewachsen – vor allem Skulpturen und Möbel möge er gern, gesteht der Fürst. Noch dazu, als er wohl mit tatkräftiger Hilfe seines Beraters Kräftner bemerkte, dass beste Kunst auch bestes „Investment“ bedeuten kann. Bestes Beispiel dafür: das sogenannte Badminton Cabinet, das der Fürst bei einer Auktion 2004 um 27,5Millionen Euro zum teuersten je versteigerten Möbelstück machte.

Das fast vier Meter hohe Prachtmonster aus Ebenholz, Bronze und kostbarer Steineinlagearbeit wurde zu Ehren des fürstlichen Geburtstags ein Stockwerk nach unten, von der Galerie in die Sonderausstellungsräume, transportiert: Es ist die abschließende Krönung von drei üppig bestückten Räumen, die zeigen, was der Fürst seinen Ahnen zuliebe mit international bestauntem Budget kaufte. Hätten seine Ahnen allerdings ebenso historische Kunst gesammelt wie er und nicht zeitgenössische – sie kauften etwa direkt in Canalettos Atelier–, wäre ihnen Hans Adam II. wohl dankbarer gewesen. Er hätte sich dann bei der Sammlungsbetreuung nämlich einer seiner selbst erwählten Interessen zuwenden können – der Archäologie.

Bis 24.August, Freitag bis Dienstag 10 bis 17Uhr. Kombiticket Sonderausstellung „Der Fürst als Sammler“ und Dauerausstellung: 12Euro. Fürstengasse 1, Wien 9.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.02.2010)

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