Gar nicht so verstaubt

Das Angebot in Bamberg umfasst u. a. Antiquitäten, Silber, Uhren und Gemälde.
Das Angebot in Bamberg umfasst u. a. Antiquitäten, Silber, Uhren und Gemälde.(c) Oliver Giel
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In Bamberg funktioniert der Antiquitätenhandel noch. Für die Antiquitätenwochen wird die Nähe zu den Bayreuther Wagner-Festspielen genützt.

In der mittelalterlichen Domstadt Bamberg scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. In der historischen Altstadt mit den denkmalgeschützten Häusern findet man beim Flanieren zahlreiche Auslagen von Kunsthandlungen, die alte Kunst und Antiquitäten anbieten. Ein Anblick, der im Stadtbild heute sonst kaum noch zu sehen ist. Denn die Alte Kunst ist auf dem Markt rückläufig. Die Zeiten, in denen sich Sammler ganze Häuser oder Wohnungen mit Antiquitäten eingerichtet haben, sind lang vorbei. Die zeitgenössische Kunst läuft Antiquitäten, Alten Meistern und Kunsthandwerk zunehmend den Rang ab.

Lange Tradition. Bamberg ist diesbezüglich anders. Im Umkreis von 500 Metern liegt unterhalb des Domberges das Antiquitätenviertel. Die Stadt blieb im Zweiten Weltkrieg weitgehend verschont und damit nicht nur die Häuser, sondern auch die Einrichtungen. So war viel Ware vorhanden. Gleichzeitig gab es eine starke Kaufkraft durch den amerikanischen Stützpunkt, und Amerikaner hatten Freude an Antiquitäten. Diese Tradition ist bis heute erhalten geblieben. Doch um langfristig überleben zu können, bedarf es heute auch in Bamberg mehr Anstrengung. Deshalb haben die Händler die Kräfte gebündelt und vermarkten sich gemeinsam.


Objekte aus sieben Jahrhunderten. Sie nützen die weltbekannten Wagner-Festspiele im benachbarten Bayreuth, die internationale Klientel in die Region bringt, und veranstalten vom 23. Juli bis 23. August die Bamberger Kunst- und Antiquitätenwochen. In den Geschäften, die während der Festspielzeit auch an den Wochenenden durchgängig geöffnet haben, wird die neueste Ware angepriesen. Geboten werden Kunst, Antiquitäten und Kunsthandwerk aus sieben Jahrhunderten. Vieles hat hochkarätige Qualität, einiges regionalen Charme, und dazwischen findet man auch manch Kurioses. Insgesamt genießt der Bamberger Kunsthandel einen guten Ruf.

Zu den international anerkannten Bamberger Händlern gehört Walter Senger. Er ist langjähriger Aussteller bei der wichtigsten internationalen Kunst- und Antiquitätenmesse, der Tefaf in Maastricht, sowie auf der Masterpiece in London und der Cologne Fine Art. Bei den Kunst- und Antiquitätenwochen zeigt er in seinem Gewölbekeller gotische Skulptur, wie etwa eine Figur aus Lindenholz des Apostels Petrus, um 1500 aus Nürnberg. Das Werk stammt angeblich aus dem Umkreis des Bildhauers Veit Stoß. Doch Senger hat auch andere Schätze in seinem Laden, wie beispielsweise ein seltenes historisches Klavier von David Roentgen und Peter Kinzing aus dem Jahr 1784. Roentgen war einer der begnadetsten Ebenisten und Kabinettmacher seiner Zeit und Kinzing ein bekannter Uhrmacher und Feinmechaniker. Gemeinsam schufen sie ein Hammerklavier, das damals eine technische Innovation war. Das Klavier ist Teil einer kleinen Serie exklusiver Instrumente, die für den europäischen Hochadel bestimmt waren.

Ebenfalls Roentgen-Möbel, in dem Fall von David Roentgens Vater Abraham, der auch der Gründer der berühmten Roentgen-Möbelmanufaktur war, findet man bei Christian Eduard Franke. Ein Klapptisch mit sehr frühen Blumenintarsien ist zudem eines der am aufwendigsten gearbeiteten Stücke, die im Händlerangebot zu finden sind. Franke hat auch das ausgefallenste Exponat, ein sehr seltenes Miniaturkruzifix, Süddeutsch aus dem 16. Jahrhundert. Das Haus Wenzel ist die älteste Kunsthandlung der Stadt und wird heute von Matthias Wenzel geführt. Er bietet Möbel des 17. bis 19. Jahrhunderts sowie Skulpturen, darunter einen geflügelten Renaissance-Engel.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.07.2018)

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