Design: Wenn Callum auf Sagmeister trifft

Stefan Sagmeister sprach mit Jaguars legendärem Designchef Ian Callum
Stefan Sagmeister sprach mit Jaguars legendärem Designchef Ian Callum(c) Alexander Seger | www.seger.at
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MAK. Star-Gestalter Stefan Sagmeister sprach mit Jaguars legendärem Designchef Ian Callum über Schönheit.

Wien. Es war ein intimes Designgipfeltreffen, das da an einem kalten Winterabend im Kaminzimmer des MAK stattfand. Stefan Sagmeister, Gestalter der aktuellen Ausstellung zum Thema Schönheit, traf dort auf Ian Callum, Jaguars legendären Director of Design. (Die britische Automarke hat Sagmeisters Schau maßgeblich, aber dezent unterstützt; man denke an das eingeschneite, von Typografie überzogene Auto vor dem Haus).

Auch wenn sich die beiden erst zwei Stunden zuvor bei einer Runde durch die Schau kennengelernt hatten, waren sie sich schnell einig. Etwa in ihrer Verehrung für David Bowie. Abseits der Musik habe Bowie eine ganze Generation ermutigt, sich schön zu kleiden, meinte Callum – auch ihn. Wäre Jaguar eine Band, wäre es jedenfalls „eine britische“, so Sagmeister. „In Richtung Roxy Music, ein bisschen eleganter als Bowie.“ Callum: „Und mit ein bisschen Jazz.“

Die zwei Design-Ikonen finden überall "Schönes"
Die zwei Design-Ikonen finden überall "Schönes"(c) Alexander Seger | www.seger.at

Einig waren sich die zwei auch in ihrer Verehrung von Schönheit und ihrer Kritik an reiner Funktionalität. Aus Modernismus sei irgendwann „Kostismus“ geworden, scherzte Callum. „Dinge sollen nur noch so billig wie möglich funktionieren. Da bleibt nichts, an dem man sich erfreuen konnte.“ Dass Sagmeister mit seinem Plädoyer für mehr Schönheit einen Nerv traf, zeigen die Briefe, die er seit der Eröffnung vor ein paar Wochen erhält. „Viele, teilweise sogar handgeschrieben, manche sehr lang“, berichtet er, durchaus verblüfft. „Ich gehe selbst in Hunderte Ausstellungen pro Jahr, aber ich hatte noch nie das Bedürfnis, einen Brief zu schreiben.“Schönes zu gestalten sei dabei übrigens nicht notwendigerweise teurer, so Sagmeister, „aber auf jeden Fall schwieriger.“ Callum: „Wir kämpfen mit jedem Millimeter, der uns zur Verfügung steht.“ Dass Sagmeister gar nicht daran denkt, jemals ein Auto zu gestalten, hält er für durchaus gesund. „Es dauert lang, ist verdammt teuer und richtig harte Arbeit.“
Überhaupt sehen die beiden das viel beschworene Interdisziplinäre, das „Jeder-kann-alles“, kritisch. Natürlich sei es manchmal gut, naiv und unverblendet an Dinge heranzugehen, „ohne die Verbote zu kennen“, wie Sagmeister sagt. Aber dann wieder: „Wie viele Künstler haben Filme gedreht – und welcher davon war wirklich gut?“ Julian Schnabel vielleicht, aber auch erst bei seinem dritten. „Diese Dinge sind einfach schwierig.“ Sein eigener, „The Happy Film“, ist ihm da offenbar eine Lehre gewesen. Immerhin: „Wir haben ihn beendet. Es war ein anschaubarer Film. Aber es war beschwerlich.“

Auch Callum, der 1999 Geoff Lawson als Chefdesigner bei Jaguar beerbte, wird immer wieder um Design-Beiträge für autoferne Projekte gebeten. Manchmal, selten, zeichne er etwas - „und dann schauen die sich das an und fragen: Wirklich?“ Auch im Autodesign sei der frische Zugang junger Designer gut, „aber sie brauchen jemanden an ihrer Seite, der den ganzen Prozess in- und auswendig kennt.“

Von der Konkurrenz hält Callum, der irgendwann mit seinem ganzen Team in die (in Zukunft weiterwandernde) Sagmeister-Schau kommen will, derzeit wenig. „Ich bin immer auf der Suche nach dieser Magie – aber in der Autowelt finde ich sie nicht sehr oft.“ Vor allem die neuen, autonomen Autos seien fantasielose Boxen. Auch an eine autonome, anonyme Autozukunft glaubt er nur bedingt. „Die Menschen wollen etwas, mit dem sie sich identifizieren können.“ Was, wenn er eine Carte Blanche hätte? „Dann würde ich gern ein kleines, wirklich cooles, wirklich schönes Stadtauto zeichnen.“

Sagmeister selbst hat übrigens gar kein Auto, in New York sei das viel zu kompliziert. Stattdessen ist er Mitglied in einem „Classic Car Club“: Da können sich die Mitglieder Autos leihen, das sei praktisch für Ausflüge zu den vielen Museen in der Umgebung von New York.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.01.2019)

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