Frisches Blut für die Tefaf

Der Salzburger Thomas Salis zeigt auf der Tefaf die expressionistische „Landschaft mit Pferd und Reiter“ von Max Pechstein.
Der Salzburger Thomas Salis zeigt auf der Tefaf die expressionistische „Landschaft mit Pferd und Reiter“ von Max Pechstein.Thomas Salis
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Die altehrwürdige Kunst- und Antiquitätenmesse in Maastricht hat sich einige zeitgenössische Aussteller geholt. Es weht ein frischer Wind.

Die Tefaf (The European Fine Art Fair) hat sich verändert. Wer regelmäßiger Besucher der führenden Messe für Kunst und Antiquitäten ist, wird es bemerken. Es ist keine geklotzte Veränderung, aber die Zeichen, dass die Messe moderner geworden ist, sind unübersehbar. Das merkt man gleich beim Eingang. Statt des üppigen bisher klassischen Blumenschmucks, eines der Markenzeichen der Tefaf, hängt heuer ein riesiges auf den ersten Blick abstraktes Gemälde an der Wand. Bei näherer Betrachtung sieht man, dass es aus Blumen besteht. Bei den Ständen gibt es Verschiebungen, so ist etwa die Sparte Tribal Art jetzt gesammelt bei Design zu finden, und die Zahl der zeitgenössischen Aussteller, die hier unter „Moderne“ laufen, ist merklich gewachsen. So sind von den insgesamt 40 Neuausstellern 14 in der Sparte Modern angesiedelt. Insgesamt stellt die Sektion von 279 Ausstellern nun 57.

Das Preview- und Vernissagepublikum hat sich kaum verändert. Die Zahl der in den letzten Jahren etwas ausgedünnten amerikanischen Sammler ist heuer wieder gestiegen. Auch mehr asiatische Besucher sind zu sehen. Das freut die Händler, denn wer den weiten Weg von Asien nach Europa auf sich nimmt, kommt nicht nur für Canapés und Champagner.

Es ist nicht der erste Verjüngungsversuch der Tefaf. Bisher konnte die Messe aber nicht nachhaltig gute zeitgenössische Aussteller akquirieren. Heuer ist es gelungen, einige Schwergewichte im zeitgenössischen Segment zu gewinnen. So zählen zu den Neuausstellern die Galerie Gmurzynska, Simon Lee Gallery, Hetzler, Fergus McCaffrey, Pace und Sprüth Magers. Die Pace Gallery und Gmurzynska waren schon einmal auf der Tefaf und geben der Sache noch einmal eine Chance. „Die neuen Aussteller sind eine Bereicherung. Ich hoffe nur, sie halten durch“, sagt der Deutsche Händler Michael Beck von Beck & Eggeling, die auch eine Niederlassung in Wien haben. Er sitzt in einem Thinktank zur Weiterentwicklung der Tefaf. „Die zeitgenössischen Aussteller sind so lange Messen nicht gewöhnt. Die Tefaf dauert insgesamt elf Tage. Hier läuft alles gemächlicher ab, Spontankäufe sind die Ausnahme“, sagt er. So habe im Vorjahr die Galerie Perrotin ausgestellt und heuer bereits wieder aufgegeben.

Beck & Eggeling, die heuer 25-jähriges Jubiläum feiern, zeigen einen Querschnitt aus ihrem Programm mit Deutschen Expressionisten wie Emil Nolde, von dem während meines Besuchs auf dem Stand gerade ein Werk verkauft wurde, Ernst Ludwig Kirchner und August Macke, Arbeiten der Gruppe Zero, darunter ein großformatiges Nagelbild von Günther Uecker, bis hin zu Anselm Kiefer und Magdalena Abakanowicz, deren Arbeit „Diptère“ aus dem Jahr 1967 prominent platziert ist und für 285.000 Euro angeboten wird.


Annäherung. Interessant ist, dass sich sowohl die Aussteller der Moderne als auch der alten Kunst in der Auswahl und Präsentation einander annähern. Die zeitgenössische Fraktion setzt auf Klassiker oder bemüht sich, ins Umfeld zu passen. Die Händler der alten Kunst präsentieren Objekte in modernem Kontext. So setzt die Pace Gallery bei ihrer Premiere nicht auf Cutting-Edge-Künstler, sondern widmet ihren ganzen Stand Piet Mondrian. Die 18 Gemälde und Zeichnungen stammen aus der persönlichen Sammlung des Händlers und engem Freund Mondrians, Sidney Janis. Zu den Höhepunkten gehört „Reclining Nude“ von 1910, das zu einem entscheidenden Zeitpunkt in der Karriere des Künstlers entstanden ist. Der Preis beträgt 5,5 Millionen Dollar.

Galerie Sprüth Magers hat sich ebenfalls für eine Einzelshow entschieden und zeigt mit den Keramikskulpturen von Rosemarie Trockel eine der Grandes Dames der zeitgenössischen Kunst. Die Arbeiten kosten zwischen 80.000 und 480.000 Euro. Und Fergus McCaffrey setzt auf eine Soloshow von Barry X Ball, der Skulpturen nach klassischen Vorbildern am Computer generiert und mit Hilfe von Fräsrobotern anfertigt. Als einer der Höhepunkte angekündigt wurde das in weißem iranischen Onyx und Edelstahl gefertigte Werk „Purity“. Es orientiert sich an Antoni Corradinis „La Purita“. Gleich beim Eingang liegt ein „Schlafender Hermaphrodit in rosa nach dem Vorbild einer römischen Skulptur, zu haben für satte 1,9 Millionen Dollar. Im direkten Vergleich mit den klassischen Skulpturen, die hier in hoher Qualität zu finden sind, wirkt die moderne Version allerdings etwas platt.

Tribal Art neben Design schmiegt sich stimmig aneinander. Das Kopffragment aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. beim Antike-Händler Cahn wiederum passt als Hingucker am Stand ebenfalls gut ins moderne Umfeld. Preislich liegt es bei 330.000 Euro. Gleich ganz ins digitale Zeitalter begibt sich der Londoner Antiquar David Crouch, der zum alten Stadtplan von Paris eine Virtual Reality-Brille dazupackt, mit der man über die Stadt fliegen kann. Die Karte kann man für 35.000 Euro erwerben.

Aus Österreich sind vier Händler vertreten. Fotospezialist Johannes Faber ist heuer nicht dabei. Im Bereich Alte Meister will die Galerie Sanct Lucas mit einer unvollendeten Atelieransicht von Léon Matthieu Cochereau auf ihren Stand aufmerksam machen. Es ist für 120.000 Euro zu haben. In der Sektion „Modern“ ist Thomas Salis mit einem Querschnitt seines Galerienprogramms, u. a. „Landschaft mit Pferd und Reiter“ von Max Pechstein, Arbeiten von Pierre Bonnard und Lucio Fontana, dessen Keramik „Battaglia“ von 1947 schon verkauft ist. Jugendstilspezialist Wolfgang Bauer von Bel Etage hat schon einiges verkauft, darunter eine Vitrine von J. & J. Kohn nach Russland. „Wir haben jetzt mehr russische Sammler. Sie kaufen noch, um sich damit einzurichten. Das haben wir sonst kaum noch“, freut sich Bauer. Ins Auge springt das Jazz-Quartett von Hagenauer. Er bietet es für 350.000 Euro an.

W&K haben sich über prominentes Interesse gefreut, darunter das Chicago Art Institute, das sich für Alfred Kubin interessiert, Ronald Lauder spitzt auf eine Klimt-Arbeit und ein wichtiger griechischer Sammler hat Schmidt-Rottluff im Auge. Topobjekt ist ein Joan Miró für 1,4 Millionen Euro.

Die Tefaf läuft noch bis 24. März.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.03.2019)

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